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Jetzt wissen wir, was uns gefehlt hat: Eine Debatte über die Kandidaten zur nächsten Bundespräsidentenwahl. Was soll uns auch sonst beschäftigen? – Nachrichten aus der Onkel- und Neffenrepublik.

Einmal mehr ließe sich jetzt die beliebte Kronen Zeitungs-Saga erzählen; die Geschichte vom alten Herrn in der Muthgasse, der damit kokettiert, lieber seinen Hund zu streicheln als Macht auszuüben, während die Republik nach seiner Pfeife tanzt, nicht zuletzt, weil alle glauben, dass sie nach seiner Pfeife tanzt … Das alles ist im Kern richtig, wurde – auch in dieser Zeitung – oft erzählt und als austriakisches Spezifikum kritisch analysiert. Genau so (selbst)kritisch müssten sich freilich die professionellen Beobachter des politmedialen Komplexes fragen, ob das Ritual des Krone-Bashings nicht zunehmend zur bloßen Routine verkommt, ihre Medienkritik nicht schal geworden ist. Das Elend der Republik in Zusammenhang mit der größten Zeitung des Landes zu bringen, ist ungefähr so originell, wie von Vranitzky, Busek & Co. kritische Statements zu ihren eigenen Parteien einzuholen: beides beherrscht ein einigermaßen talentierter Volontär nach dem ersten Monat.

Befindlichkeitsspielchen

Damit soll freilich weder Krone- (oder allgemein Medien-)Kritik für obsolet erklärt, noch bestritten werden, dass der Zustand von SPÖ und ÖVP deplorabel wäre – aber es irritiert doch immer wieder, wie sehr Inhalts- und Sachfragen zu seichten Personal- und Befindlichkeitsspielchen verflüssigt (oder liquidiert) werden. So eben wieder bei jenem Thema geschehen, das zuletzt, wie man so sagt, die Republik in Atem gehalten hat und uns, so steht zu fürchten, auch den Sommer über beschäftigen wird, falls nicht Hochwasser oder Dammbrüche anderer, sei es physischer oder metaphysischer Art die kostbare mediale Aufmerksamkeit auf sich lenken.

Die Hofburg also. Lohnend wäre eine Debatte über die Ausgestaltung des Bundespräsidentenamtes allemal. Nach dem Ersatzmonarchentum bis inklusive Rudolf Kirchschläger, über das die Zeit hinweggegangen ist, dem Sonderfall Kurt Waldheim und dem an sich selbst gescheiterten Thomas Klestil ist es Heinz Fischer grosso modo gelungen, dem Amt wieder etwas von jener Ruhe und Würde zu geben, die es braucht. Fischer füllt die Position an der Staatsspitze inzwischen mit derart souveräner Gelassenheit (und sichtbarem Vergnügen) aus, dass man meinen könnte, er hätte nie etwas anderes gemacht. Gewiss eine zeitgemäße und vor allem mehrheitsfähige performance in dieser Rolle.

Die könnte man natürlich auch anders anlegen, offensiver, kantiger, mit Mut auch zu Unpopulärem, ohne sich dabei – das ist die große Gefahr (siehe Klestil) – im Gestrüpp der Tagespolitik zu verheddern. Der Bundespräsident hätte die Möglichkeit Debatten in politischen oder ethischen Grundsatzfragen anzustoßen und solcherart, ohne dass man das Wort vom „Gewissen der Nation“ bemühen müsste, dem Land auch ein Stück weit Orientierung zu geben. Das Staatsoberhaupt wäre dann nicht nur der Hüter und Garant des Staatsganzen, der ruhende Pol im sensiblen Gefüge der Republik, sondern auch Moderator und Motor des öffentlichen Diskurses, Wegweiser in unsicheren Zeiten. Der deutsche Ex-Präsident Roman Herzog oder auch der eben wiedergewählte Horst Köhler haben hier Markierungen gesetzt.

Ergebnislose Debatten

Über solche unterschiedlichen Zugänge ließe sich trefflich streiten – und davon ausgehend darüber, wer, wie es Heinz Fischer im FURCHE-Interview formuliert hat (siehe Seite 4/5 dieser Ausgabe), „am besten geeignet ist, nach der Wahl im April 2010 das Amt des Bundespräsidenten wahrzunehmen. That’s it.“

Das ist es leider nicht, aber das wäre es. Wir aber, die wir seit Jahren über Verwaltungs-, Gesundheits- und andere Großreformen weitgehend ergebnis los debattieren, halten uns lieber mit Fragen auf, warum welcher Onkel welchen Neffen hochhebt oder fallen lässt, was der Kaiser des Ressentiment- gegen den König des Zeitgeist-Boulevards hat und dergleichen mehr. Politik und Medien (nicht nur die des Boulevards) ziehen hier in schlechter Manier an einem Strang. Willkommen Österreich!

* rudolf.mitloehner@furche.at

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