"Das ist mein gelungenster FILM IN 3D"

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Wim Wenders über "Die schönen Tage von Aranjuez", seine (französischsprachige) Verfilmung des gleichnamigen Stücks von Peter Handke.

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Wim Wenders über "Die schönen Tage von Aranjuez", seine (französischsprachige) Verfilmung des gleichnamigen Stücks von Peter Handke.

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Wim Wenders hat einen neuen Film in 3D gemacht, nach einem Stück von Peter Handke, in dem scheinbar nicht viel passiert und zwei Menschen an einem Sommertag im Garten sitzen und miteinander über die Liebe reden. Wenders findet, es ist sein bislang gelungenster 3D-Film.

DIE FURCHE: Sie haben bereits etliche Filme mit von Peter Handke gemacht. Was macht diese Kollaboration so einzigartig?

Wim Wenders: Die Zusammenarbeit mit Peter Handke war schon immer einerseits sporadisch, andererseits sehr wichtig, manchmal bloß punktuell, manchmal entscheidend, vor allem zu Beginn. Peter habe ich meinen allerersten Auftrag zu verdanken, einen Film, für den er mich vorgeschlagen hatte, der hieß "Drei amerikanische LPs", eine Art Musikvideo, lange bevor das Genre überhaupt erfunden war. Nach Abschluss meines Studiums war ich der erste einer Klasse von 20 Abgängern einer Filmhochschule, der einen Film gemacht hat. Das war Handkes "Die Angst des Tormanns beim Elfmeter", den er mir als Geschenk überließ, um daraus einen Film zu machen. Das Spielfilmdebüt wäre mir nicht gelungen ohne Peter Handke. Später hat er mir bei "Der Himmel über Berlin" sehr geholfen, auch, wenn das Drehbuch nicht von ihm stammte. Umgekehrt habe ich ihm auch bei seinen Filmarbeiten sehr geholfen, zum Beispiel bei "Die linkshändige Frau", eine meiner Lieblingsfilme überhaupt.

DIE FURCHE: "Die schönen Tage von Aranjuez" ist zum Großteil im Original in Französisch gedreht, warum?

Wenders: Ich wollte auf Französisch drehen, weil Peter den Text auf Französisch geschrieben hatte. Ich fand das sehr schön, und die deutsche Übersetzung zeigte mir schließlich, dass der französische Urtext leichter und eleganter war -und dass es nicht an der Übersetzung lag, die Peter selbst gemacht hatte, sondern an der Sprache. Das Deutsche klingt männlicher und zerebraler, was an der Grammatik liegt, während mir das Französische flüssiger schien, weiblicher und intuitiver. Auf Deutsch ist es ein anderes Stück, weil die Denke anders funktioniert und mehr zum Mann hin tendiert. Ich war sehr froh darüber, es in Französisch zu drehen, denn ich habe ja lange in Frankreich gelebt, aber bisher noch nie einen Film auf Französisch gemacht. Die deutsche Fassung wird natürlich im Kino zu sehen sein, wiewohl mein Herz sehr an der französischen Fassung hängt.

DIE FURCHE: Wie ist die Zusammenarbeit denn konkret?

Wenders: Peter ist ein großer Briefeschreiber. Das Manuskript bekam ich in Begleitung eines Briefes. Peter telefoniert ungerne und im Internet hat er auch nichts verloren. Wir haben uns also persönlich getroffen und uns ausgetauscht. Dann hat er sich aus dem Drehbuch ganz rausgelassen, und wenn du den Text kürzt, musst du das alles machen. Er hat den Film im Rohschnitt gesehen, sich aber komplett herausgehalten. Er weiß, dass es in diesem Stadium nicht mehr nur seine Arbeit ist. So richtig an einem Tisch gesessen und gemeinsam etwas geschrieben, das haben wir nie. Das habe ich aber auch mit anderen Autoren nicht gemacht. Das ist für Autoren generell schwierig, glaube ich.

DIE FURCHE: Und die Musikauswahl? Der Film beginnt mit Bildern des menschenleeren, sommerlichen Paris, dazu ist "It's A Perfect Day" von Lou Reed zu hören.

Wenders: Nick Cave kommt mit seinem Lied "Into Your Arms" vor, das ist einer meiner Lieblingssongs überhaupt. Auch, dass Lou Reed, mit dem ich sehr gut befreundet war, nun nicht mehr unter uns ist, musste ich Tribut zollen, indem der Film mit seinem besten Song "It's a Perfect Day" anfängt. Der noch recht unbekannte Gus Black, der das Schlusslied singt, "There's Nothing More to Say", das war auch perfekt.

DIE FURCHE: Wieso musste es für dieses verfilmte Gespräch zweier Schauspieler eigentlich in 3D sein?

Wenders: Ich habe jetzt vier Filme in 3D gemacht, und dieser ist nun der gelungenste, finde ich. Er macht vergessen, dass man 3D sieht, weil er so natürlich ist. Ich glaube, mein Film beweist endgültig meine These, dass 3D auch ein zärtliches Medium sein kann. Ich verwende es aber nicht für jeden Film, denn es muss schon zum Thema passen. Ich finde es aber toll, dass man die Wahlmöglichkeit zwischen 2D und 3D hat. Obwohl sich ja immer mehr abzeichnet, dass 3D den Bach runtergeht, weil die Kinos es nicht mehr so richtig wollen, und auch keine modernen Umrüstungen mehr passieren. Das liegt daran, dass der Content in 3D leider viel zu schwachsinnig ist, sodass viele Leute das 3D-Filmschauen aufgegeben haben. Es ist zu einem Kids-Medium geworden und bringt auch nur mehr kindlichen Content hervor. TV-Anstalten sind längst ausgestiegen, sogar Arte, der Sender, der anfangs dafür Feuer und Flamme war. Das hat vielen Produzenten die Laune verdorben, und 3D ist durch die Filmindustrie, die es falsch benutzt hat, ein Medium, das nun wieder verschwinden könnte. Das finde ich eine der großen Katastrophen der Filmgeschichte.

Die schönen Tage von Aranjuez (Les beaux jours d'Aranjuez) F/D/P 2016. Regie: Wim Wenders. Mit Sophie Semin, Reda Kateb, Nick Cave. Polyfilm. 97 Min.

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