Das kleine Kärntner Tafel-Beben

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Nach der überraschenden Aufstellung von zweisprachigen Ortstafeln stellen sich die Slowenen-Vertreter nun die Frage, ob es die Kärntner Landesregierung tatsächlich ernst meint mit der Liebe zum Verfassungsrecht. Bis 2012 könnte der Streit jedenfalls beigelegt sein.

Und ginge doch die Arbeit der Politik nur ansatzweise so schnell und effizient vonstatten wie jene der Kärntner Straßenaufsicht! In den frühen Dienstagmorgenstunden rückten orangefarbene Werkbusse der Landesstraßenbetreuer in drei Südkärntner Ortschaften an und Männer mit Akkuschraubern erledigten in weniger als zehn Minuten, wogegen sich alle Kärntner Landeshauptleute seit 1955 gewehrt hatten: Man montierte Ortstafeln, schwarze Schrift auf weißem Grund, mit blauem Rand. Bleiburg heißt von nun ab Bleiburg/Pliberk, Ebersdorf heißt Ebersdorf/Drvesa vas und Schwabegg Schwabegg/Zvabek.

Dass dem Rechtsstaat in Kärnten seit den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes seit 2001 zumindest zum Teil genüge getan wurde, tröstet die Kärntner Slowenen auch darüber hinweg, dass die Aktion vom Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler in eigentlich unangemessener Stille durchgeführt wurde. Doch die Zeichen stehen auf Aufbruch, meint der stellvertretende Vorsitzende des Rats der Kärntner Slowenen Nanti Olip: „Das war nach den vielen Jahren des Herumstolperns der erste richtige Schritt zu einer gesetzeskonformen Lösung.“ Jener Mann, der 1999 mit seinen Geschwindigkeitsübertretungen im Ortsgebiet den Fall ins Rollen gebracht hatte, Rudi Vouk, ist da schon skeptischer: „Der Landeshauptmann musste mit einer Strafanzeige rechnen, wenn er die Aufstellung weiter verzögert hätte. Aber immerhin beweist das, dass in diesem Land der Rechtsstaat siegen kann.“

Erfolg mit Strafdrohung?

Doch war es wirklich nur die Strafdrohung, die den Landeshauptmann bewogen hat, dem Erkenntnis der Höchstgerichte endlich nachzukommen? Slowenenvertreter Olip sieht dafür eine Vielzahl von weiteren Gründen: „In den vergangenen Wochen hat man aufseiten der Landesregierung den Ernst der Lage erkannt. Es konnte mit diesem Hickhack nicht weitergehen. Dafür sind auch die Probleme abseits der Ortstafelfrage zu groß.“ Das Hypodesaster, die Rekordverschuldung des Landes als Bewegungsmotoren? Nicht auszuschließen, dass das Dörflers Beweggründe sind. Doch ziehen dabei auch seine Parteigenossen vom Kärntner FPK mit. Als Dörfler vor Kurzem moderatere Töne gegenüber den Kärntner Slowenen anschlug und schüchtern eine Bürgerbefragung zu den zweisprachigen Ortstafeln erwog, konterte FPK-Chef Uwe Scheuch, das Wort des Landeshauptmannes sei „maximal ein Diskussionsbeitrag“ und nicht Parteilinie. Diese harte Linie musste Dörfler auch in seiner Aussendung vertreten, die er am Dienstagvormittag an die Nachrichtenagenturen weitergeben ließ. Sie wich in der Rhetorik mitnichten vom bisher geübten politischen Stil ab. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sei eine „Fehlentscheidung“, aber so wie im Sport müsse man Fehlentscheidungen akzeptieren.

Ganz anders dürften das auch die Bundesgenossen des FPK im Bund sehen, die FPÖ Heinz Christian Straches. Als Bundespräsident Fischer vergangene Woche in seiner Erklärung meinte, die Zeit sei reif für eine Lösung der Ortstafelfrage, klatschte die Parteispitze offenbar irrtümlich Beifall und zog denselben schließlich mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück. Da dürften sie noch nicht mit der Einsichtigkeit des Landeshauptmanns in Klagenfurt gerechnet haben. Der wiederum hat in seinem verhandlungsgeeichten Gegenüber Valentin Inzko, dem Vorsitzenden des Rates der Kärntner Slowenen, einen Ansprechpartner gefunden, zu dem erstmals nach Jahren der gegenseitigen Vorwürfe und Klagen ein korrektes Gesprächsklima aufgebaut werden konnte. Inzko, im Hauptberuf Internationaler Bosnien-Beauftragter schreibt das geübter Fairness zu: „Wir versuchen nicht darauf abzustellen, wer ist Sieger oder Besiegter, sondern nach Argumenten.“

Einigung bis 2012

Drei Ortstafeln, darin sind sich alle Slowenenvertreter einig, können nur der Beginn eines Prozesses sein, an dessen Ende 100 bis 150 weitere stünden. Doch von Zahlen will derzeit niemand sprechen. Olip: „Es geht nicht darum, in der kleinsten Ortschaft eine zweisprachige Tafel zu haben solange das Siedlungsgebiet eindeutig erkennbar ist.“ Frühester Einigungstermin: Ende 2011.

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