Das Leben als Vielzahl von Bildern

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Friedl Kubelka erhielt den Rupertinum Fotopreis - nach einem neuen Vergabemodus.

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Friedl Kubelka erhielt den Rupertinum Fotopreis - nach einem neuen Vergabemodus.

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Eine Frau, lachend, trotzig, traurig, langhaarig, kahlgeschoren, bekleidet oder nackt. Immer wieder diesselbe. Immer wieder Friedl Kubelka, nebeneinandergereiht im Format sechs mal sechs. "Ich habe etwas gesucht, was nur die Fotografie kann, der Film nicht."

Das Resultat sind Gedankenreihen. Friedl Kubelka, verheiratet mit Filmemacher Peter Kubelka, hat den laufenden Bildern mit ihrer Fotografie etwas Neues entgegengestellt. 1972 schuf sie "Spiegel", das erste Jahresporträt. Täglich versuchte sie, sich selbst zu fotografieren. Leere Stellen markieren inneren Widerstand oder gleichgültiges Vergessen. Erstaunt erkannte sie später den Versuch, sich hinter ihrem Narzißmus zu verstecken. "Fotografie ist immer nur Abbild, eine Verzerrung. Der Mensch steht aber im Fluß des Lebens." Erst die Vielzahl der Bilder, Dokumente der Veränderung, bringt einen Prozeß zum Vorschein. "Das tausendteilige Portrait" kreist um die eigene Mutter. In Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter wurde sie abgelichtet. Die Gedanken, die ihr bei jedem Bild durch den Kopf gingen, benannten es. Ob sie stimmen könnten, ist am Gesichtsausdruck abzulesen. "Ich habe meine Mutter durchgeknetet," gibt Friedl Kubelka zu. "Ich bin ihr sehr dankbar. Ich mußte lernen, die Tragik dieser Frau zu verstehen."

Seit 25 Jahren geht sie den Weg der Gedankenreihen. "Man hat das Handicap, die wesentlichen Dinge anders zu sehen, und kann nicht anders."

Otto Breicha hatte 1972 ihr erstes "Jahresporträt" begeistert im Atelier entdeckt und in der Ausstellung "Kreative Fotografie aus Österreich"gezeigt. Er hat 1983 den Rupertinum Fotopreis ins Leben gerufen. Heuer wurde ein neuer Vergabemodus eingeführt: eine Fachjury (Herta Wolf, Paul Albert Leitner, Margit Zuckriegl) beurteilt die nominierten Arbeiten. Mit 20 bis 25 Ausstellungen und der "Österreichischen Fotogalerie" setzt das Rupertinum einen Schwerpunkt auf die Fotokunst. Friedl Kubelkas konsequente "Altmodischheit" hat ihr den mit 70.000 Schilling dotierten Rupertinum Fotopreis 1997 gebracht. Entdecker Breicha, mittlerweile in Pension, hatte das richtige Gespür.

Die Stärke von Kubelkas Arbeit liegt in der Unbarmherzigkeit der Kameralinse, die den Menschen in seinem Bemühen, anders zu wirken, genauso bloßstellt, wie sie erbarmungslos Alterungsprozeß oder depressive Stimmungen festhält. Die Künstlerin greift vor allem auf sich selbst als Objekt zurück. "Sonst krieg ich noch Schuldgefühle!" Wesentlich ist die dokumentierte Veränderung. Läßt sich der Betrachter auf Gesichtsausdruck, Augen oder Falten ein, muß er betroffen sein. Auf den Charakter des fotografierten Gegenüber reagieren. Das Lebendige, das zwischen ihren Formaten schwingt, hat ihre inneren Zweifel und Ängste besiegt, und die Jury überzeugt. Friedl Kubelka weiß auch schon, wohin das Preisgeld fließen wird: in ihre Arbeit, und in die Schule für künstlerische Fotografie, die sie leitet. "Weil ich meinen Schülern das geben will, was ich als junger Mensch immer gerne gewollt hätte."

Die Ausstellung zum Rupertinum Fotopreis 1997 ist im Rupertinum Salzburg noch bis 22. Februar zu sehen. Tel.: (0662)80-42-25 42

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