Das Mittelalter wird erhellt

Werbung
Werbung
Werbung

Die Ausstellung "Gotikschätze Oberösterreich" erschließt im Linzer Schlossmuseum und an zehn anderen Orten die Gotik in all ihren Facetten.

Das Linzer Schlossmuseum ist wohl ein idealer Ausstellungsort, um die Epoche der Gotik im heutigen Oberösterreich in allen Facetten zu erschließen: von den Anfängen unter PÇremysl Ottokar II. (1253-1278) bis Maximilian I. (1493-1519). Unter Friedrich III. (1450-1493) war das zur Landeshauptstadt gewordene Linz sogar für kurze Zeit Kaiserresidenz. Der Ausstellungsbesucher wird immer wieder auf Spuren dieses Kaisers stoßen, der während des ungarischen Krieges dahin geflüchtet war und auch in Linz verstorben ist.

Große Hoffnung

Im Waffensaal sind der eigens restaurierte prunkvolle Pferdeharnisch sowie Schwert und Streitkolben Kaiser Friedrichs III. zu besichtigen. Prächtig ist aber auch jener Teil der Ausstellung, in dem er als Förderer der Astronomie und Auftraggeber kostbarer Goldschmiedearbeiten gezeigt wird. Einem vermutlichen Altersbildnis des Kaisers begegnen wir bei der "Anbetung der Könige" (Ende 15. Jh), zugeschrieben wird das Werk dem Meister von Mondsee. Es ist eine sehr lebhafte, bildliche Schilderung, wie nicht nur die Könige, sondern auch sehr viele farbenfroh und prächtig gekleidete Männer sich drängen, um dem kleinen göttlichen Kind ihre Geschenke zu überreichen. Die Gesichter der Menschen spiegeln tiefe Andacht und große Hoffnung wider sowie ein Wissen, welch besonderes Ereignis sie miterleben dürfen.

Trotz der vielen Hinweise auf Kaiser Friedrich III. ist es kein Kaiser, sondern ein König, der zur Leitfigur des gesamten Ausstellungsprojektes gewählt wurde. Er hat nie regiert, seine Attribute sind nicht im Waffensaal zu finden: Es handelt sich um einen der Heiligen Drei Könige, den Michael Pacher um 1471/1481 in der Praedella seines berühmten St. Wolfganger Altares schuf. In beeindruckender Plastizität bietet ein sehr junger, unbeschwerter Herr mit höfischer Anmut und in prächtiger Kleidung seine Gabe dar. Auf dem Ausstellungsprospekt abgebildet, fordert er uns gerade zu auf, ihm zu folgen, um sowohl im Schlossmuseum als auch in zehn anderen oberösterreichischen Ausstellungsorten, nämlich Peuerbach, Kremsmünster, Mondsee, St. Florian bei Linz, Steyr, Braunau, Ried im Innkreis, Freistadt, Linz-Landesgalerie und Schlierbach, die Gotik kennen zu lernen.

Unser König aus der Pfarrkirche von St. Wolfgang steht auch für so viele bedeutende Flügelaltäre und Kirchen in Oberösterreich - als beeindruckende Zeugnisse gotischer Sakralkunst. Viele Hauptwerke der Epoche sind also Kirchenbauten und deren feste Ausstattung, die sich natürlich in kein Museum transportieren lassen. Das von den Organisatoren klug und vielseitig durchdachte Ausstellungskonzept beinhaltet daher auch einen Reiseführer mit acht "Gotikrouten".

Eine Verbindung zwischen sakraler und profaner Kunst stellt die Gestalt der Heiligen Maria dar, der sich das Stift Kremsmünster widmet. Als Mutter Jesu gewinnt sie in der himmelwärts strebenden Gotik eine besondere Bedeutung. Dieser Idealtypus der in ihrer Würde unantastbaren Frau wurde auch in der Dichtung der "hohen Minne" auf Burgherrinnen übertragen. Oberösterreichs Burgen beherbergten diesen frouwen sowie ihre ritterlichen Ehemänner, standesbewusst erzogenen Kinder und das zahlreiche Gesinde. Der nachgebaute Innenraum des Turmhauses der Ruine Ruttenstein vermittelt einen anschaulichen Eindruck vom Leben der Adeligen dieser Zeit.

Eine eigene Raumfolge im Schlossmuseum ist dem Alltag im Spätmittelalter gewidmet, von der Geburt bis zum Tod. Es waren die Kirche, der Adel und später das städtische Bürgertum, die dem Mittelalter in vielschichtigster Hinsicht den Stempel aufdrückten.

Kostbare Zeugnisse

Eine Auseinandersetzung mit der Gotik bliebe bruchstückhaft, würde man nicht ein besonderes Augenmerk auf die Klöster werfen: Die Gotik von Oberösterreich erreichte um 1300 vor allem durch die Malerschule von St. Florian einen ersten Höhepunkt. Die Mönche hatten eine spezifische Tradition entwickelt, aus der heraus sie ihre vorwiegend liturgischen Schriften schufen. In den illuminierten Handschriften haben sich kostbare Zeugnisse auch für die Malerei der Zeit erhalten. Natürlich wird dieser Teil der Ausstellung in St. Florian präsentiert. Die Klöster waren nicht nur im Mittelalter von der Basis her "Metaphern des Heils", wie die Schau in Kremsmünster heißt, sondern sie stellen sich in ihrem steten spirituell-kulturellen Angebot auch den Menschen von heute und bilden so eine beruhigende Kontinuität.

In diesem Sinne zeigt das einstige Kloster Mondsee "Gotik im Mondseeland" und das Stift Schlierbach verweist auf "Gotische Glasmalerei im Licht der Moderne".

Bis 27. Oktober

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung