Das Nichts hinter der Macht

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Elfriede Jelineks Trilogie des Todes "Macht nichts" als Gastspiel des Schauspielhauses Zürich bei den Salzburger Festspielen. von julia danielczyk

Macht Nichts". Mit diesem Wortspiel bezeichnet der Titel von Elfriede Jelineks Trilogie (einer Variante ihres Romans "Die Kinder der Toten") ihre wesentlichen Antipoden: Leben und Tod. Bei den diesjährigen Salzburger Festspielen gastiert Jossi Wielers Inszenierung vom Züricher Schauspielhaus auf der Perner Insel. Mit den drei Teilen "Die Erlkönigin", "Der Tod und das Mädchen" und "Der Wanderer" bezieht sich Jelinek auf Franz Schubert und bringt eine theatrale Hommage auf all die Untoten unserer individuellen und kollektiven Geschichte.

Ikone Paula Wessely

Die Erlkönigin ist als Epilog an Jelineks Stück "Burgtheater" angelegt, eindeutige Persiflage auf Paula Wessely, die als Sinnbild der österreichischen Theatergeschichte bis heute nicht wegzudenken ist und auch als Verstorbene am Sprechen bleibt. Graham F. Valentine gibt die Ikone der deutschsprachigen Schauspielkunst und leitet mit der Frage nach Mythos und Realität in den zweiten Teil: Ludwig Boettger tritt in Jägergestalt als Todesallegorie auf, Sylvana Krappatsch ist ein ausgezeichnetes Schneewittchen, das auf der Suche nach Schönheit der Zeit und dem Kampf der Geschlechter zum Opfer fällt.

André Jung zieht als heimatloser Wanderer durch die österreichischen Alpen, ein ewig Fremder, Verfolgter (auch der Geschichte ?). Anna Viebrock hat die Produktion in ein 1960er-Jahre-Ambiente verortet. Über einer Art Tiefgarage, die zu Beginn in den Nebel der ungesicherten Vergangenheit getaucht ist, hat sie eine Wohnung - ganz Wiederaufbauästhetik - eingerichtet.

Die Macht der "Überlebten"

Biedere Vorhänge hinter den breiten Fenstern etablieren die Szenerie, da Jelineks Trilogie zwar Texte für das Theater sind, wenn auch nicht für eine Aufführung gedacht - so die Autorin -, denn die Personen "führten" sich schon selber zur Genüge "auf". Die Erlkönigin öffnet selbst den Vorhang und erzählt als ewige Legende von der Macht der "Überlebten".

Auf der auf Säulen stehenden Bühne, eingebettet in die beiden Dunkel Vergangenheit und Zukunft, erscheinen die Figuren wie in Cinemascope, jedoch zweidimensional, ohne Tiefe und Psychologie. Jossi Wieler baut als erfahrener Jelinek-Regisseur wieder einmal Kunstfiguren, die in der durchchoreographierten Sprache als Textmarionetten auftreten. Doch leider erlöst sie der Regisseur nie aus der Monotonie der Monologblöcke und bietet dem Ensemble wenig Möglichkeit zu zeigen, wozu es imstande wäre.

Unterwerfung der Natur

Ironie der Geschichte: Jelineks eigene Kritik an der Unterwerfung der Natur fand auf der Perner Insel ein von ihr selbst zitiertes Echo: Ein heftiges Unwetter vereitelte das Ende des Stückes, da weite Passagen im Donnergrollen untergingen. Macht nichts.

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