Das Ringen um eine unabhängige Staatsanwaltschaft

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Geht es nach dem Regierungsproramm, ändert sich beim Weisungsrecht des Justizministers an die Staatsanwälte nichts. Nimmt man hingegen internationale Abkommen und Normen als Maßstab, hätte sich einiges zu ändern.

Die Strafprozessordnung stärkt seit 2008 die Stellung der Staatsanwälte in den Ermittlungsverfahren. Sie haben, anstelle der bisherigen Untersuchungsrichter, die Ermittlungen zu leiten und zu verantworten. Nach diesem Vorverfahren entscheiden sie entweder auf Anklage, auf Einstellung oder auf Diversion. Doch die Staatsanwälte sind nicht so unabhängig, wie sie es gerne wären: Die Abhängigkeit von Weisungen betrifft teils ihre inhaltliche Arbeit (anklagen oder einstellen) oder ihre dienstrechtliche Stellung (etwa Versetzung), womit sie dem Justizministerium unterstellt sind. Dem wird entgegengehalten, dass die Staatsanwälte eigentlich ein Teil der Rechtsprechung sind und diese, dem unstrittigen Prinzip der Gewaltenteilung folgend, eigentlich nicht der Exekutive unterstellt sein dürfe. Daher verlangen Österreichs Staatsanwälte, sie sollten so unabhängig gestellt werden wie die Richter, also ein eigenes Dienstrecht erhalten. Die Abhängigkeit von einem politischen, bestellten Justizminister widerspreche der Unabhängigkeit der Rechtsprechung. Mit ihrer Positionierung finden sich die Staatsanwälte in bester internationaler Gesellschaft.

UNO verlangt Unabhängigkeit

Wegen der Gefahr der Einflussnahme auf Staatsanwaltschaften hat die UNO 1990, allerdings mit Blick auf totalitäre Staaten, die „Guidelines on the Role of Prosecutors“ verabschiedet. Diese verlangen, dass Staatsanwälte ohne Einschüchterung, Behinderung oder unzulässige Beeinträchtigung ihr Amt ausüben sollen. Das Ministerkomitee des Europarates empfahl in seiner Erklärung über die Rolle der Staatsanwälte in der Strafrechtspflege bereits im Juni 2000, jene Weisungen, die auf Nichtverfolgung einer behaupteten Straftat lauten, grundsätzlich zu untersagen. Diese Halbierung des Weisungsrechtes, also Weisungen nur auf Verfolgung, aber nicht mehr auf Einstellung erteilen zu dürfen, vertreten in Österreich auch Juristen etwa bei der Richtertagung. In den Statuten der Internationalen Straftribunale und des Internationalen Strafgerichtshofes sind die Staatsanwälte weisungsfrei.

Österreich ist anders: In den Beratungen zur Staatsreform im Konvent waren die Parteien „mehrheitlich für die Beibehaltung des Systems des Weisungsrechts“, wie es in den Protokollen von 2003 lautet. Und im Regierungsprogramm 2008 ist nur ein Unterausschuss vorgesehen, der sich mit der „Verbesserung der parlamentarischen Kontrolle des Anklagemonopols“ befassen soll. Jetzt wird das Vorbild des deutschen Bundesanwaltes debattiert. Der hat teils andere Aufgaben, nämlich die Interessen des Staates wahrzunehmen oder Staatsanwälte zu prüfen, ein Weisungsrecht der Minister kennt aber auch Deutschland. Womit es beim Weisungsrecht bleibt, wiewohl Justizministerin Bandion-Ortner (r.) zu Gesprächen bereit ist und die Sache prüfen lässt. (c.r.)

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