Das Salzburger Welttheater

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Eigentlich hat es schon der große Theatermagier Max Reinhardt vorgemacht. Man leistet sich in Salzburg das beste, größte und erfolgreichste Festival aller Zeiten, das man sich nicht leisten und das es gar nicht geben kann. Jetzt wird es von Zampano Alexander Pereira verkündet und schon existiert es. Dem kleinen Salzburg geht es da wie dem großen Europa, das ja schon längst samt seiner Währung ein Scheingebilde ist, das als Wirklichkeit angesehen wird.

Salzburg ist am Puls der Zeit und hat jene Größe und jenen Glanz, die ihm sein PR-erfahrener Intendant verbal verleihen. "Teuer, rentabel und sexy“ wird das vom Boulevard gepriesen. Wer hat schon die Übersicht bei einer derartigen Fülle von Veranstaltungen? Häuser werden für voll erklärt und sind naturgemäß nicht immer voll; und die großen Namen der Opern- und Schauspielkunst verschmelzen allesamt zu einem einzigen quoten- und marktgerechten Begriff, der mit dem Zauberwort "Netrebko“ umschrieben wird.

Es gilt das Gefühl zu erwecken, dass hier jedermann und jede Frau irgendwie dabei sein muss. Wen stört es da schon, dass man bei Opern wie "Zauberflöte“ oder "La Bohème“ szenisch erst gar nicht in die Tiefen dieser Werke vorzudringen versucht, und dass das Angebot so groß ist, dass die eigentlichen Höhepunkte kaum noch wahrzunehmen sind? Da werden Kunsttempel zu Stopfgänsen. Die Festspielhäuser sind von Vormittag bis Abend so ausgelastet, dass ein Liederabend zum Liedermorgen wird.

Glücklicherweise ist der neue Schauspielchef Sven-Eric Bechtolf ein Ruhepol im Getöse. Er ist sensibel, uneitel und selbstkritisch und taugt nicht als Aufputz für Partys und Feste. Seine Version der "Ariadne auf Naxos“ mag zwar nicht jedem Opernfreund gefallen, ist aber ein unverwechselbares feinsinniges, komödiantisches und spezifisch salzburgisches Spektakel. Wie schön wäre es doch, wenn die Pole Pereira und Bechtolf künftig zu einem neuen und abgespeckten Salzburg verschmölzen, bei dem die leisen Töne nicht untergehen und hinter dem Welttheaterschwindel noch viel mehr echte Theater- und Opernleidenschaft spürbar wird.

Der Autor ist Kulturmoderator beim Privatsender ATV

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