Das Spiel mit der Lust

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Helmut Newtons irritierende Aktfotografien im Salzburger Rupertinum.

Es irritiert nicht die vollkommen schöne Nackte, es irritieren auch nicht deren schwarze High-Heels. Die Störung des Gewohnten ist das weiße Telefon, das die Frau in der Hand hält. Tatsächlich: keine Werbung, weder für Tampons, noch für Handynetze, noch für teure Schuhe. Was mit der Einladungskarte beginnt, setzt sich in der Ausstellung "Sex & Landscapes" im Salzburger Rupertinum selbst fort: Spiel, Inszenierung, Ironie, die angestachelte Lust der Betrachter und Betrachterinnen, Details zu dechiffrieren.

"Eines meiner Lieblingswörter ist: mysteriös" verrät Helmut Newton, dessen großformatige, nicht oder kaum publizierten Fotoarbeiten der letzten zehn Jahre im Salzburger Rupertinum zu einem Streifzug zwischen Landschaftsporträts und Aktlandschaften locken. Helmut Newton, 1920 in Berlin geboren, Mode-, Society- und Porträtfotograf, ist ein "Schilderer und Kommentator der Gesellschaft, in der er sich bewegt, ein Fabrikateur von Sittenbildern", charakterisiert ihn Margit Zuckriegl, die Leiterin der Österreichischen Fotogalerie Rupertinum.

1990 "Berlin Halensee": Schwarz-Weiß-Aufnahme von Sonnenbadenden, Körperoasen mit - noch - verhüllenden Textilien auf einer Wiese verbindet die Kategorie Körper mit domestizierter Landschaft. Kein Hinterhalt, unschuldige, freie Körperzonen, Freizeit am See. Die Landschaften lassen näher treten: "Lake Grunewald, 1991" oder "Sweden 2000", eine Gestalt bei der Arbeit im Getreidefeld. Die Akte in Kontexten fordern hingegen intensiveres Betrachten: etwa die Tafelrunde vier schöner Frauen in Schwarz-Weiß, unbekleidete Oberkörper, pralle Brüste.

Tafelfreuden, der Arm des Kellners in schwarzem Tuch, Rotwein nachschenkend: Ca del bosco. So der Titel des Bildes, der Name des Weines, ein Spiel, eine Momentaufnahme, die provoziert, sich Folgeszenen auszumalen. Auch die Komposition des Arrangements "The Redhead" in Farbe spielt mit den Betrachtern: eine Nackte, auf hohen Absätzen, sich auf einem Schemel präsentierend, eine echte Rothaarige, die rote Schambehaarung ein Beweis? Oder doch nur inszeniert wie die harmlose Poolumgebung aus Badeliegen und Korbstühlen, den schwarzen Hunden am Zaun.

Weiter. "Eva" in Farbe präsentiert die Serviermaid im Paradies, drei Shakes auf dem Spiegeltablett, Schambehaarung und Vulva in der Spiegelung: der Blick führt von den Brüsten zur inszenierten Paradiesumgebung, droht, sich darin zu verirren. Eine fröhliche, kleine Geschichte. Der weibliche Akt als Geschichte, in der der Raum, die Umgebung, den Erzählverlauf bestimmt. Mehr als die nackten Körper beschäftigen die Sets, die Accessoires, das Halschmerzmittel im Bad mehr als die nackten Brüste über dem Waschbecken. Helmut Newton rührt mit seinen Modellen an der Imaginationskraft des Publikums, ironisch, direkt und kraftvoll. Er bietet uns das Material, aus den Zeichen seiner Aktfotografien Geschichten zu (er)finden, die dramatischen Posen zu entschlüsseln, in der Ironie zu lesen.

Bis 20. Mai

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