Das Spiel mit der Ostalgie

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Mit den "alternativen Fakten" der Trump-Vertrauten Kellyanne Conway ist die Geschichte um ein Beispiel reicher, das Gruselkabinett der Euphemismen hätte aber auch so genug Exponate - abscheuliche wie die "Evakuierung der Juden nach dem Osten". Oder den "Antifaschistischen Schutzwall", wie die Mauer im Sprachgebrauch der DDR-Propaganda hieß. Auch für Spione musste im ostdeutschen Staat ein anderer Begriff herhalten.

Um diese "Kundschafter des Friedens" dreht sich nun eine gleichnamige Agentenkomödie, die ihre Chance darin wittert, ein paar Relikte des alten Systemkonflikts in die Gegenwart zu schubsen. Zum Einsatz kommen sie, als beim Bundesnachrichtendienst der Hut brennt: Kurz vor der Wiedervereinigung eines fiktiven zentralasiatischen Staats sind sowohl der künftige Präsident als auch der BND-Agent, der ihn zur Friedenskonferenz schmuggeln sollte, abhanden gekommen. Jochen Falk, Ex-Kundschafter und anscheinend der letzte verbliebene Fachmann für die Region, ist wenig begeistert, als man ihn aus seinem abgesandelten Rentnerdasein reißt. Das ändert sich, als er erfährt, dass er ausgerechnet jenen West-Agenten retten soll, der ihn vor Jahrzehnten enttarnte. Mit Vergeltungsfantasien im Kopf bedingt er sich aus, dass er nicht nur selbst auf die Mission darf, sondern auch ein paar Kollegen von damals mitnehmen kann - Jaecki, einen Überwachungsspezialisten, der jetzt defekte Elektrogeräte repariert, und Locke, der nicht mehr den kapitalistischen Klassenfeind, sondern gutgläubige Investoren austrickst.

Gestört wird der Ehemaligenausflug nur von der BND-Beamtin Paula, die als Aufpasserin mitkommt, ohne zu sagen, dass der verhasste Vermisste ihr Vater ist. Alt gegen Jung bleibt der geringste Reibebaum in diesem etwas retro-chicen Streifen, der im Gehabe gern eine teure Genre-Großproduktion wäre, diesem Vergleich aber nie standhalten kann. Um einiges besser schlägt er sich bei den punktuellen Absurditäten, in die er seine Figuren lotst, und auch beim Genörgle, mit dem die Unterlegenen des Kalten Kriegs von ihrer Überlegenheit prahlen.

Zotiger Klamauk

Der größte Aktivposten bleibt die illustre Schauspielerriege, die über die eigene Vita unmittelbar mit der heraufbeschworenen Ostalgie verbunden wird. Am schönsten und melancholischsten steckt diese Strategie des Films im Romeo-Agenten, mit dem Winfried Glatzeder an die Zeit erinnert, als er mit der Romanze "Die Legende von Paul und Paula" Kultstatus erlangte - lange bevor er sich durch die Mühlen des TV-Dschungelcamps plagen musste. Zuschauer-oder gar gesellschaftliche Generationen kann der Film aber genauso wenig verbinden wie das Leben; er kann nur zotigen Klamauk produzieren - und das auf Kosten aller.

Kundschafter des Friedens D 2017. Regie: Robert Thalheim. Mit Henry Hübchen, Michael Gwisdek, Thomas Thieme, Antje Traue. Filmladen. 93 Min.

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