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In keinem Land der Welt lesen so viele Bürger eines Landes eine einzige Zeitung. Seine Zeitung. Und nirgendwo auf dem Globus (oder zumindest in der freien Welt) glaubt ein Medienmogul so sehr daran, die Geschicke des Landes bestimmen zu können. Hans Dichand, Patriarch und 50-Prozent-Eigner der Kronen Zeitung hat wieder einmal seinen Zenit erreicht. Und das mit 87 Jahren.

Die Medienbranche spöttelte über den Aberwitz seiner Anti-EU-Kampagne, als Dichand vor der irischen EU-Abstimmung schwadroniert hatte, er wolle "die Bürger Österreichs aus der Parteiendiktatur retten". Dass Dichand dabei billigend in Kauf nahm, Assoziationen an unselige Zeiten heraufzubeschwören (mit ähnlicher Diktion hatte dereinst die Hitlerei die Demokratie wundgeschossen), war auch dem Furche-Kommentator sauer aufgestoßen.

Nun ist die Rettung geglückt: Der Herr der Krone hat unversehens eine marode Regierungspartei ins Boot geholt. Dass er sich "Im Vorhof der Macht" - wie der Titel seiner Autobiografie aus 1996 suggeriert - befindet, glaubt er ja wohl selber nicht. Bis vor kurzem hätte es niemand für möglich gehalten, dass die SP-Spitze in Sachen EU Harakiri betreibt und dieses auch noch via "Leserbrief" in der Krone kommuniziert. Alle, die Hans Dichand längst in einem politischen Narrenhaus wähnten, wurden nun - dank Gusenbauer und Faymann - eines Besseren belehrt.

Wen wundert es da noch, dass Hans Dichand gar die Bundesverfassung für seine Zwecke zurechtbiegt: "Das Recht geht vom Volk aus", fabulierte sein Alter Ego Cato letzten Samstag, in Wirklichkeit heißt es in der Verfassung: "Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus." Ein kleines Wort, ein großer Unterschied. Und Dichand besteht weiter auf einer anderen, von ihm schon gebrauchten Formulierung: "Alle Macht geht vom Volk aus." Und diesen Satz wolle man aus der Bundesverfassung nehmen - und dagegen sei die Krone.

Widerstand? Außenministerin Ursula Plassnik, von Dichand in der Sonntags-Krone desavouiert, reagierte am Montag mit einem Offenen Brief: Hans Dichand habe ihr - schon im Juli 2007! - in Sachen EU ein "unmoralisches Angebot" gemacht. Und weiter: "Mit ihrer einseitigen, verunsichernden und angstmacherischen EU-Berichterstattung ist die, Kronen Zeitung' leider Teil des Problems und nicht Teil der Lösung." Immerhin: Dichand ließ auch diesen Brief der Außenministerin abdrucken. Und: Auch aus diesem Schreiben ging hervor, dass die ÖVP-Politikerin in den Vorhof der Macht, also in die Krone-Redaktion, gepilgert war …

Bleibt Hans Dichands Verhältnis zur größten Medienorgel im Land: Der ORF hat zwar nach wie vor die weitaus größte Reichweite in Österreichs Medienlandschaft. Doch auch bis an die Spitze des Küniglbergs reichen die Fäden, die Volkes Stimme spinnt: Der Kronen Zeitungs-Film der belgischen Filmemacherin Nathalie Borgers "Jeden Tag ein Boulevard-Stück" (2002) lief zwar lange erfolgreich im Kino und beim Kultursender Arte, nicht aber im ORF. Auch wenn der ORF-Publikumsrat längst gefordert hat, die Realsatire rund um Hans Dichand gehöre auch ins öffentlich-rechtliche Fernsehen.

Eine weitere österreichische Lehre: Gegen Hans Dichand programmiert die heimische Anstalt nichts. Otto Friedrich

Borgers "Jeden Tag ein Boulevard-Stück" (2002) lief zwar lange erfolgreich im Kino und beim Kultursender Arte, nicht aber im ORF. Auch wenn der ORF-Publikumsrat längst gefordert hat, die Realsatire rund um Hans Dichand gehöre auch ins öffentlich-rechtliche Fernsehen.

Eine weitere österreichische Lehre: Gegen Hans Dichand programmiert die heimische Anstalt nichts. Otto Friedrich

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