Psychotherapie  - © Illustration: iStock / Eva Almqvist

Franz Anton Mesmer: Das Wirken des Wunderdoktors

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Als schillernde Figur ist der Therapie-Star des 18. Jahrhunderts heute noch präsent. Aber wie aktuell ist seine Gedankenwelt?

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Als schillernde Figur ist der Therapie-Star des 18. Jahrhunderts heute noch präsent. Aber wie aktuell ist seine Gedankenwelt?

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Nur ganz wenige Personen werden aufgrund ihres Schaffens für bestimmte Eigenschaften namensgebend. Anhand des genuinen literarischen Werks von Franz Kafka etwa wurde der Begriff "kafkaesk" geprägt, der seither zum Inbegriff des Rätselhaft-Versponnenen geworden ist. Auch der deutsche Arzt Franz Anton Mesmer fand mit seinem Therapieansatz Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch: Das englische Wort "mesmerizing" heißt so viel wie faszinierend, bezaubernd, packend. All das trifft nicht nur auf die Strahlkraft von Mesmers Werk, sondern auch auf seine abenteuerliche Lebensgeschichte zu.

Am Höhepunkt seiner Karriere konnte er sich dem Ansturm seiner Patienten kaum erwehren: Vor seiner luxuriösen Wohnung in Paris standen von morgens bis abends die Kutschen des französischen Adels. Selbst Marie Antoinette, die Frau des französischen Königs, verfiel der "Mesmeromanie", dem Hype um den charismatischen Wunderheiler aus Wien. In ganz Frankreich wurden Gesellschaften ins Leben gerufen, um Mesmers neuartiges Heilverfahren des "tierischen Magnetismus" zu fördern. Sogar "magnetische Aktien" wurden aufgelegt, die binnen kürzester Zeit vergriffen waren. Doch auch in Paris sollte sich schon bald eine Experten-Kommission mit seinen umstrittenen Methoden beschäftigen. Das Ergebnis fiel vernichtend aus - ähnlich wie zuvor in Wien, wo er von Kollegen als Scharlatan diffamiert und des Betrugs bezichtigt worden war.

Gruppensitzungen bei Kerzenschein

Der Bildungsweg des Förstersohns, der aus einem kleinen Dorf am Bodensee stammte, erinnert an den Wissensdurst von Goethes Faust: Nach der Theologie und "Juristerei" landete Mesmer schließlich an der Wiener Medizinischen Fakultät, wo er 1766 mit einer Arbeit über den "Einfluss der Gestirne auf den menschlichen Körper" promovierte. Die Idee eines "magnetischen Fluidums", das den Menschen mit der Erde, den Himmelskörpern und der belebten Umwelt verbindet, wurde prägend für seine Behandlungsphilosophie. Demnach sei Krankheit auf das gestörte Gleichgewicht im Fluidum zurückzuführen, und die Therapie bedürfe magnetischer Techniken, um dieses Gleichgewicht wiederherzustellen. Diese Praxis wusste Mesmer wahrlich gekonnt zu inszenieren: Er magnetisierte Wasser, ließ seine Patienten darin baden oder gab es ihnen zu trinken. Er setzte auf die unwiderstehliche Wirkung seines Blicks, seiner Finger und Handflächen. Und er vertraute den Effekten seiner therapeutischen Show: Bei den Gruppensitzungen warfen Kerzen ein schummriges Licht in die abgedunkelten Räume, dazu ertönten Gesang und die sphärischen Klänge einer Harmonika.

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