Das "Wünsch-dir-was“ der Integration

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Der erste Österreichische Integrationstag zeigte viele Probleme sowie ein steigendes Bewusstsein dafür auf. Und auch einige Lösungsansätze.

Österreich im Jahr 2014: In den Schulen unterstützen Integrationsberater Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund und auch deren Eltern. Außenhandelsstellen rekrutieren ausländische Fachkräfte. Anstelle des Innenministeriums regelt eine eigene Behörde die Migrations- und Integrationspolitik.

Was auf den ersten Blick wie Zukunftsmusik klingen mag, sind konkrete Ziele, die beim ersten Österreichischen Integrationstag am 11. März in Wien auf Initiative des Vereins Wirtschaft für Integration erarbeitet wurden. Rund 440 Teilnehmer aus NGOs, Parteien, Vereinen und Bildungseinrichtungen diskutierten über die Herausforderungen und Chancen von Integration am Arbeitsmarkt, in Gesellschaft und Bildung, um der Politik Lösungen aufzuzeigen.

Erfolge anerkennen

"Wir sagen: Integriere dich, aber gehöre nicht dazu.“ - Auch Menschen, die längst integriert seien, fühlten sich nicht als Teil der Gesellschaft, kritisiert der Sozialwissenschaftler Kenan Güngör (siehe Interview) den Umgang mit der Zuwanderung in Österreich. Gesellschaftspolitisch sei sie zwar in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren relevant geworden, dennoch mangle es an Anerkennung.

So werde über Bildungserfolge und den sozialen Aufstieg von Migranten zu wenig gesprochen. Bildungsdefizite von Zuwanderern, die zu sozialer Abgrenzung führen, werden hingegen stärker wahrgenommen. Nicht-Integration kommt aber teuer: Derzeit rechnen Experten mit einem Wertschöpfungsverlust von zwei bis vier Milliarden Euro für Österreich, so Bernhard Perching von der Forschungsplattform "Human Rights in the European Context“. Güngör rät daher, massiv in Bildung zu investieren und Erfolge sichtbarer zu machen.

Geht es nach den Teilnehmern des Workshops "Gesellschaft“, dann sollen bis 2014 tausend Projekte von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund zum besseren gegenseitigen Verständnis führen. Dann könnten schon im Jahr 2018 Migrantinnen und Migranten entsprechend ihrem statistischen Anteil an der Bevölkerung auch in Politik, Medien, Wirtschaft und Verwaltung tätig sein.

Migration schafft Wachstum

Der Österreichische Arbeitsmarkt steht in den kommenden Jahren vor neuen Herausforderungen: Laut einer Studie der Industriellenvereinigung könnte eine kriteriengeleitete Zuwanderung, wie durch die kommende Rot-Weiß-Rot-Card, das Bruttoinlandsprodukt jährlich um bis zu 1,2 Prozent erhöhen, und damit auch neue Arbeitsplätze schaffen.

500 Millionen Menschen werden sich zudem ab 1.1. 2014, mit Ende der EU-Arbeitsmarkt-Übergangsfristen, frei in Europa bewegen. Das führt zunehmend zum Wettbewerb um qualifiziertes Personal aus dem Ausland. Österreich kämpft derzeit noch damit, dass "überproportional viele qualifizierte Arbeitskräfte mit Migrationshintergrund unter ihrer Qualifikation eingesetzt werden“, so Josef Wallner, Leiter der Abteilung Arbeitsmarkt in der Wiener Arbeiterkammer. Die Teilnehmer des Integrationstages forderten daher eine einheitliche Anerkennungsstelle für ausländische Qualifikationen und Bildungsabschlüsse sowie eine zentrale Stelle für Arbeitsmarkterlaubnis bis 2014.

Gut jeder dritte Lehrling hat Migrationshintergrund. Jeder zweite Jugendliche mit Migrationshintergrund beendet seine Bildungskarriere schon mit dem Pflichtschulabschluss. Die am Integrationstag präsentierten Pilotprojekte zeigten, dass das Beherrschen der deutschen Sprache nicht die Eintrittskarte in die Gesellschaft, sondern das Ergebnis eines Prozesses sein sollte.

Die Menschen müssten dort abgeholt werden, wo sie sind - und auch ihre muttersprachlichen Kenntnisse perfektionieren, erklärte Rüdiger Teutsch, Leiter der Integrationsabteilung im Unterrichtsministerium. Daher sei das Angebot des muttersprachlichen Unterrichts auszuweiten und die Anzahl fremdsprachiger Lehrpersonen zu erhöhen.

Politik ist am Zug

Nun ist die Politik gefordert. Immerhin zwei der präsentierten Forderungen seien bereits in Arbeit, wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) bei der Schlussveranstaltung im Wiener Rathaus erklärte: Eine Migrationsplattform sei geplant, und die gewünschte Studie über die Wanderung von Arbeitskräften von und nach Österreich gebe es bereits. Sie liege derzeit aber nur der Regierung vor. Das Fortschreiten der Bemühungen soll nächstes Jahr, beim geplanten zweiten Integrationstag, dokumentiert werden.

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