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Die ethische Beurteilung des Kapitalismus schwankte immer zwischen zwei Polen: Zerstört seine Eigennutzorientierung auf die Dauer die moralischen Grundlagen einer Gesellschaft, oder schafft seine Effizienz jene Ressourcen, die zur praktischen Hilfe für die Bedürftigen notwendig sind und langfristig das Wohlstandsniveau aller erhöhen?

Gerade die katholische Kirche war da zuerst skeptisch, nicht zuletzt, weil sie der alten ständischen Ordnung verpflichtet war. Die Katholische Soziallehre nahm schließlich eine Art Mittelposition ein und forderte die Sozialpflichtigkeit des Eigentums: Real aber hielt man es spätestens im Kalten Krieg doch ziemlich mit dem westlichen Kapitalismus. Mit Papst Franziskus wird der Blick auf die Opfer des Kapitalismus wieder genauer.

Und dann kam die Flüchtlingskrise. Der Politikwissenschaftler Herfried Münkler diagnostiziert eine Spaltung der gesellschaftlichen Mitte "in jene, die in Angststarre verfallen" und "dies durch das Herausschreien von Hassparolen zum Ausdruck bringen", und jene, die "als freiwillige Helfer sich an die Bearbeitung des Problems gemacht haben und auf diese Weise die Ängste, die auch sie haben mögen, wegarbeiten". Der Kolumnist Sascha Lobo hat daher von einem "defining moment" gesprochen,"eine der Situationen, die eine Generation prägen können".

Die ethische Beurteilung des Kapitalismus entscheidet sich in unserem Umgang mit den Flüchtlingen. Er definiert, wer wir sind. Die Flüchtlinge markieren eines jener "Zeichen der Zeit", an denen sich der christliche Glaube zeigt oder scheitert.

"In the biblical tradition, God is not the object of a speculative mysticism that sweeps us up into an eternal now where we are one with the One, but the one who comes knocking at our door dressed in rags in search of bread and a cup of cold water".(John Caputo)

Der Autor ist katholischer Pastoraltheologe an der Universität Graz

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