Die Erneuerung der Liturgie hat bis in die kleinsten Gemeinden Wirkung gezeigt, aber das vom Konzil angestrebte Ziel ist noch nicht erreicht. Texte und Riten, hieß es damals, sollten so erneuert werden, "dass sie das Heilige, dem sie als Zeichen dienen, deutlicher zum Ausdruck bringen", damit "das christliche Volk sie möglichst leicht erfassen und in voller, tätiger und gemeinschaftlicher Teilnahme mitfeiern kann". Das ist längst noch nicht gelungen, wie uns gerade die Jugend wissen lässt. Es braucht neue Texte, nicht nur genauere Übersetzungen aus dem früheren lateinischen Messbuch. Riten müssten so erneuert werden, dass sie den heutigen Menschen ansprechen. Das ist nicht zentral möglich, sondern sollte kirchlichen Kompetenzen in den verschiedenen Kulturkreisen anvertraut werden. Die "volle und tätige Teilnahme des ganzen Volkes" darf nicht nur geduldet werden, sonder dazu sind die Gläubigen auf Grund von Taufe und Firmung "berechtigt und verpflichtet".
Die vom Konzil in Auftrag gegebene liturgische Erneuerung hat ihr Ziel noch nicht erreicht, scheint aber heute eher aufgehalten zu werden. Nostalgisch trauern manche der "alten" Liturgie nach. Römische Instruktionen mahnen, was in der Liturgie "einzuhalten und zu vermeiden" ist, weisen aber kaum neue Wege. Man scheint sich nicht mehr einig, ob es mehr um Wiederentdeckung der alten Liturgie geht, oder um eine echte Reform.
Zum 25. Jahrestag der Liturgiekonstitution schrieb Johannes Paul II: "Es besteht in der Tat eine sehr enge und organische Verbindung zwischen der Erneuerung der Liturgie und der Erneuerung des ganzen Lebens der Kirche." Ist das Zögern in der noch ausstehenden Liturgiereform etwa ein Zeichen, dass die konziliare Erneuerung insgesamt ins Stocken geraten ist?
Weihbischof Krätzl erlebte das II. Vatikanum als Konzilsstenograf.
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