Ordensschulen: Den "Spirit" in die Zukunft mitnehmen

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Mehr als 50.000 Schülerinnen und Schüler besuchen hierzulande eine Ordensschule. Exemplarisch zeigt dieses FURCHE-Extra - eine Kooperation mit der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften - wie bunt, nachhaltig und wertebewusst sich diese Bildungsanstalten heute präsentieren. Die (gute) alte Klosterschule hat sich nachhaltig verändert: Ordensschulen versuchen, auch in der heutigen Bildungslandschaft ihre Identität zu schärfen.

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Mehr als 50.000 Schülerinnen und Schüler besuchen hierzulande eine Ordensschule. Exemplarisch zeigt dieses FURCHE-Extra - eine Kooperation mit der Superiorenkonferenz der männlichen Ordensgemeinschaften - wie bunt, nachhaltig und wertebewusst sich diese Bildungsanstalten heute präsentieren. Die (gute) alte Klosterschule hat sich nachhaltig verändert: Ordensschulen versuchen, auch in der heutigen Bildungslandschaft ihre Identität zu schärfen.

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Die gute alte Klosterschule: Sie ist nicht wegzudenken aus dem kulturellen Gedächtnis Österreichs - mit Recht: Denn Klöster waren an der Zivilisierung des Alpenraums maßgeblich beteiligt - und damit auch am Aufbau des Bildungssystems. Mit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert wurde die Abwesenheit von Bildung zu einer großen Not - und männliche wie weibliche Ordensgemeinschaften sprangen in die Bresche: Sie verstanden "Bildung" als besonderen Auftrag, die Erziehung junger Menschen zu wertebewussten Bürgerinnen und Bürgern zu gewährleisten.

Das christliche Menschenbild wach zu halten - heute heißt das, einer Gesellschaft, die auf Menschenwürde und Menschenrechten fußt, das Wort zu reden: Das kann als gemeinsames Profil von Österreichs Ordensschulen gelten, die aber mit der (guten) alten Klosterschule kaum vergleichbar sind.

Unter der "Obhut" von Laien

Denn zum einen nehmen heute die meisten Schülerinnen und Schüler das - überdies kostenlose - öffentliche Schulangebot wahr. Angesichts schrumpfender Schülerzahlen bemühen sich auch die öffentlichen Schulen um besondere Profilierung. Ordensschulen müssen sich diesem Wettbewerb besonders engagiert stellen, zumal sie im Gegensatz zu den öffentlichen Anstalten ja ein Schulgeld einheben, um finanziell über die Runden zu kommen.

Zum andern hat sich in den letzten Jahrzehnten die Lage der Orden, auch jener, die Schulen betreiben, entscheidend verändert: War die "Klosterschule" dadurch geprägt, dass Ordensangehörige selber den Unterricht bestritten, so sind heute Patres, Brüder und Schwestern auch in den Ordensschulen längst eine Minderheit im Lehrpersonal. Im Jahr 1997 gab es an den über 250 Ordensschulen in Österreich noch 99 Direktoren, die Ordensmitglieder waren, anno 2005 wurden von den etwa 220 Ordensschulen nur mehr 33 von Ordensangehörigen geleitet.

Somit stehen heute die Ordensschulen zum Großteil unter der "Obhut" von Laien. Oft sind die einzelnen Ordensgemeinschaften finanziell und organisatorisch nicht mehr in der Lage, "ihre" Schule zu betreiben. Daher haben sich Vereine gebildet, die die Trägerschaft dieser Schulen übernehmen: 2005 wurden bereits 95 Schulen von solchen Trägervereinen geführt. Ziel dieser Maßnahmen ist wesentlich auch, die Spiritualität, die hinter den Ordensschulen steht, weiter zu gewährleisten.

Pastoraler Auftrag und ...

Nur ein Beispiel: Im Schulalltag des Instituts Sta. Christiana, das Schulen an drei Standorten in Wien und Niederösterreich betreibt, sind die Schwestern der Gründungsgemeinschaft nicht mehr zugegen. Daher hat der Trägerverein, der die Schulen heute betreibt, einen "Pastoralbeirat" eingerichtet, der dafür sorgt, dass Schulpastoral auch im Alltag gewährleistet bleibt. An jedem Schulstandort von Sta. Christiana gibt es zusätzlich ein "Pastoralteam", das pastorale und spirituelle Angebote, die auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten sind, entwickelt ( www.stachristiana.at).

Was die einzelnen Schulen der Orden ausgemacht hat, war der Geist der Gründer(innen), und diesen "Spirit" gilt es, in die Zukunft mitzunehmen (vgl. dazu das Interview auf Seite III). Auf den Punkt gebracht: Die Ordensschulen wollen ihre Identität bewahren. Und diese Identität, die natürlich grundlegend am Menschenbild der Bibel ausgerichtet ist, ist die große Stärke der Ordensschulen heute. Sie zu schärfen und sichtbar zu machen, stellt die größte Herausforderung dar.

Rudolf Luftensteiner, pädagogischer Leiter der "Vereinigung von Ordensschulen Österreichs", welche für mehrere Orden die Trägerschaft von Schulen übernommen hat, sieht heute drei hervorstechende Identitätsmerkmale für Ordensschulen: Als erstes nennt er die Aufmerksamkeit für die Welt, Mitempfinden, das er unter dem Begriff "Compassion" subsumiert: "Christliche Religion ist keine Weltflucht", so Luftensteiner, und von daher soll in Schulen Aufmerksamkeit für die Menschen, die Welt entwickelt werden (vgl. Seite IV). Ein zweites Identitätsmerkmal ist für Luftensteiner die "Solidarität mit den Menschen", zu der alle, die Ordensschulen besuchen, geführt werden sollen, als drittes nennt er "Kritik der falschen Götter", er meint damit jene Strukturen und Phänomene, die - in verschiedenen Bereichen des Lebens und der Gesellschaft - zu Unterdrückung und Ausbeutung führen.

Ein großer Anspruch, aber eine Herausforderung, der sich Institutionen in unterschiedlicher Weise stellen.

... politische Verantwortung

Zwei weitere Beispiele, um die Bandbreite dabei anzudeuten: Das Schulzentrum HMA (Herz Maria-Kloster) in Wien XVIII hat ein Programm zur Begabungsförderung entwickelt: Der hauseigene Kindergarten ist auf Talent-und Begabungsentdeckung ausgerichtet, die Volksschule bietet individuelle Programme zur Integration von lernschwachen und sehr begabten Schüler(inne)n in einer Klasse an, ein Konzept, das in der angeschlossenen Kooperativen Mittelschule weitergeführt wird ( www.schulelacknergasse.at).

Und ein Sprung nach Tirol: Dort wurde das Oberstufenrealgymnasium St. Karl in Volders als eines von drei Gymnasien mit dem Österreichischen Umweltzeichen ausgezeichnet und bietet auch eine Schwerpunktausbildung in Ökologie an (www.porg-volders.tsn.at). Solches Profil einer Ordensschule lässt sich durch den biblischen Auftrag, mit der Schöpfung sorgsam umzugehen, begründen. Im transitgeplagten Tirol hat solche Schwerpunktsetzung aber auch politische Brisanz: Gerade dieses Beispiel zeigt, dass Ordensschulen, die Bildungsinstitutionen mit der größten Tradition im Lande, auch in der Gegenwart und für die Zukunft gesellschaftspolitische Verantwortung wahrnehmen.

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