Der auf den Kopf fällt

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Hollywoods Jung-Star Jonah Hill gelingt in "Mid90s" ein fulminantes Regie-Debüt, das sich für Weiteres empfiehlt.

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Hollywoods Jung-Star Jonah Hill gelingt in "Mid90s" ein fulminantes Regie-Debüt, das sich für Weiteres empfiehlt.

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Es spricht für sich, dass Jonah Hills ("21 Jump Street", "The Wolf of Wall Street") Regie-Debüt hierzulande nur wenige Tage ins Kino kommt. Dabei kann "Mid90s" durchaus in einem Atemzug genannt werden mit Greta Gerwigs "Lady Bird"(2017) oder Eliza Hitmans Coming-of-Age-Drama "Beach Rats" aus dem gleichen Jahr. Erstaunlich reif und erstaunlich retro ist Hills Liebeserklärung an die 1990er Jahre, letzteres verdankt sich auch dem Ansinnen, die Reifungsgeschichte des 13-jährigen Stevie,

der da in Los Angeles lernen muss, seinen Weg zu gehen, auf 16mm und im 4:3-Format zu drehen.

Stevie ist das Nesthäkchen einer Skateboard-Bande, er versucht, bei den älteren Freunden der Tristesse seiner Familie zu entrinnen: Mutter Dabney muss nicht nur deren Existenz sichern, sondern sich mit zwei schwierigen Söhne herumschlagen: Ian, der Ältere, scheint eher ein Soziopath zu sein: der wortkarge Jugendliche verprügelt den 13-jährigen Bruder, wenn er einen Gefühlsausbruch kanalisieren muss. Und Stevie, der gerade voll in die Pubertät geraten ist, sucht bei seinen Freunden vom nahen Skateboard-Shop auch emotional Unterschlupf.

Das bedeutet: Er, der Kleine, will (und muss) mutiger sein als die Älteren, auch wenn er dafür buchstäblich auf den Kopf fällt und diesen samt Kragen riskiert. Das macht sein Leben physisch wie innerfamiliär nicht einfacher; aber ebenso wie Stevie muss Mutter Dabney lernen, in ihrer Rolle zu reifen und dem Kleinen den Weg jedenfalls nicht zu verbauen. Keine Heldengeschichte - oder doch? - hat "Mid90s" auf Lager. Jonah Hill hält sich nicht bei erzählerischen Schnörkseln und opulenter Kamera auf. Er zeigt diese Leben und dieses Aufwachsen geradlinig und ohne Abschweife, sodass das Schauspiel der Truppe recht zur Geltung kommt und besonders gefordert ist.

Vorzügliche Schauspieltruppe

Das gelingt den Jungen vor der Kamera auch vorzüglich; allen voran ist der 13-jährige Skateboarder Sunny Suljic, der als Stevie seine erste Hauptrolle spielen darf, völlig in seinem Element. Und auch in "Mid90s" darf Hollywoods aktuelle Nummer Eins unter den Darstellern schwieriger Jugendlicher, Lucas Hedges also, nicht fehlen: Mit ganz wenigen Gesten und noch weniger Worten macht der Jungschauspieler aus Stevies Bruder Ian einen vierschrötigen Kommunikationsgestörten, der dem kleinen Bruder das Leben ordentlich erschwert. Katherine Waterston zeigt als Mutter Dabney ebensolche Performance, man nimmt ihr die verhärmte, aber doch liebende Alleinerzieherin ab. Auch die älteren Jugendlichen aus dem Skateboard-Shop sind erfreuliche Newcomer, denen man auch in Hollywoodproduktionen zu begegnen hofft.

Für einen Independent-Film außergewöhnlich, gelang es "Mid90s", sich unter den ersten zehn der US-Kinocharts zu platzieren. Es wird wohl nicht Jonah Hills letztes Opus als Regisseur gewesen sein. Man darf darauf gespannt sein, was der Schauspiel-Star hinter der Kamera noch so alles aushecken wird.

Mid90s USA 2018. Regie: Jonah Hill. Mit Sunny Suljic, Lucas Hedges, Katherine Waterston, Na-Ke Smith, Olan Prenatt. Polyfilm. 85 Min.

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