Balkone - © Foto: iStock/ArminStautBerlin

Der Balkon – Bühne des Lebens

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Als Schnittstelle zwischen Privatheit und Öffentlichkeit hat der Balkon in den letzten Wochen an Bedeutung gewonnen. Schriftsteller scheint der Schauplatz Balkon hingegen von jeher inspiriert zu haben.

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Als Schnittstelle zwischen Privatheit und Öffentlichkeit hat der Balkon in den letzten Wochen an Bedeutung gewonnen. Schriftsteller scheint der Schauplatz Balkon hingegen von jeher inspiriert zu haben.

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Die Balkonsaison ist eröffnet, doch der Auftakt könnte denkwürdiger nicht sein: Ein Virus macht unsere Außenwelt zur Sperrzone. Da erfüllt der Balkon, diese Schnittstelle zwischen Privatheit und Öffentlichkeit, plötzlich eine neue Funktion. Ausgehend von Italien nutzen Menschen vieler Länder diese Plattform, um mit Darbietungen aller Art ein Zeichen zu setzen: Wir sind eine Schicksalsgemeinschaft, wir halten zusammen. Musiker geben Solo konzerte, Cineasten spielen Filmszenen nach, Sportive turnen herum. All dies zu vereinbarter Stunde. Es sind Performances voller Ironie, Melancholie und Appellcharakter, die regelmäßig in einem kollektiven Applaus kulminieren – als Hommage an alle Mitmenschen, die das Rad am Laufen halten.

Politische Inszenierungen

Aus gegebenem Anlass wollen wir eine kleine Geschichte des Balkons erzählen – als politische Bühne und als literarischer Schauplatz. In der Weltgeschichte spielt vor allem der „Erscheinungsbalkon“ eine Rolle. Der Papst tritt auf der Benediktionsloggia vor die Öffentlichkeit; die Royals winken dem Volk vom Balkon des Buckingham-Palastes zu; Hitler verkündete vom Hofburg-Balkon den „Anschluss“ Öster reichs, und Leopold Figl präsentierte auf dem Balkon des Belvedere den Staatsvertrag.

Argentiniens Ikone Eva Perón trat schwer krank auf den Balkon des Regierungsgebäudes in Buenos Aires und beschwor das Volk, dem regierenden General Juan Perón, ihrem Mann, die Treue zu halten. Die Balkonverkündung der „Europäischen Republik“ wiederum sollte von 150 europäischen Orten aus erfolgen, initiiert von Robert Menasse und der Politologin Ulrike Guérot. Stichwort Europa: Studierende der Londoner Royal Academy of Dramatic Art setzen das jeweilige Generalthema des Europäischen Forums Alpbach auf dem Balkon des örtlichen Gemeindeamtes szenisch um. Und holt der FC Bayern den Meistertitel, lässt er sich auf dem Münchner Rathausbalkon feiern.

Schriftsteller scheint der Schauplatz Balkon in besonderem Maße zu inspirieren. Aus Platzgründen können wir nur eine kleine Auswahl treffen. Das berühmteste Beispiel der Weltliteratur ist die Balkonszene in Shakespeares Tragödie „Romeo und Julia“. Zum Ort der Liebesbeteuerung wird der Balkon auch in Edmond Rostands romantischer Komödie „Cyrano de Bergerac“: Der Soldat und Dichter Cyrano ist ein brillanter Kopf, jedoch mit einer großen Nase geschlagen. Daher wagt er es nicht, der schönen Roxane seine Liebe zu gestehen. Die hat ohnedies nur Augen für Christian, doch dem Beau fehlt es wiederum an Geist und Rhetorik. Da kommt der wortgewandte Cyrano ins Spiel. In einer Balkonszene souffliert er dem Geistlosen gar die Turtelworte für Roxane.

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