Der beinahe erste Zwölftöner
Dem Komponisten Ernst Krenek ist die zweiwöchige Reihe "Im Atem der Zeit" gewidmet.
Dem Komponisten Ernst Krenek ist die zweiwöchige Reihe "Im Atem der Zeit" gewidmet.
Sein Meisterwerk "Jonny spielt auf" schickte sich Ende der zwanziger Jahre zu einem Triumphzug über die deutschsprachigen Bühnen an, wie kaum eine andere Oper des 20. Jahrhunderts. Doch erst vor 20 Jahren wurde der aus Wien stammende Komponist Ernst Krenek in seiner Heimat mit einem eigenen Festival (im Rahmen des "steirischen herbstes") gewürdigt. Heute ist das keine Besonderheit mehr: Unter dem Titel "Im Atem der Zeit" finden ab Freitag in Wien "Ernst-Krenek-Tage" statt. Zwei Wochen reichen gerade aus, um einen kleinen Einblick in das Schaffen Kreneks zu geben, schließlich war er mit 242 Werken, darunter 20 Opern, einer der produktivsten Komponisten des ausgehenden Jahrhunderts.
Der 1900 geborene Krenek begann mit expressionistischen Kompositionen, die der freien Atonalität verpflichtet waren. "Jonny spielt auf", 1927 in Leipzig uraufgeführt, war als Jazzoper angelegt. Mit entsprechenden musikalischen Elementen, showartigen und filmischen Effekten sowie mit dem damals weitverbreiteten Schielen auf die USA, das "Land der unbegrenzten Möglichkeiten", traf er den Nerv der Zeit. "Jüdisch-negerische Besudelung" hetzten die Nazis anläßlich der Aufführung an der Wiener Staatsoper 1928, doch "Jonny spielt auf" wurde auch hier zu einem großen Publikumserfolg. Zur Nazi-Protestkundgebung vor dem Haus am Ring verirrten sich nur wenige.
Nach anfänglicher Ablehnung wandte sich Krenek - im bewußten Gegensatz zur damals herrschenden Kulturpolitik - der Dodekaphonie zu. Es kam zum programmierten Konflikt: Die für die Wiener Staatsoper geschriebene Oper "Karl V." wäre die erste Zwölftonkomposition im ehrwürdigen Haus am Ring gewesen, doch laut dem "Lexikon österreichischer Musik" betrieben der Vorstand der Wiener Philharmoniker (zugleich "Heimwehrkommissar") und der Komponist Joseph Rinaldini (zugleich Funktionär der "Vaterländischen Front") so lange die Absetzung des Stückes, bis der Unterrichtsminister diese auch anordnete.
1938 emigrierte Krenek, von den nunmehr auch in Österreich herrschenden Nationalsozialisten als "entarteter Künstler" geschmäht, in die USA, wo er Komposition an verschiedenen Universitäten unterrichtete. Hierzulande fanden seine Werke nur schwer den Weg zurück ins Repertoire - Leute wie Rinaldini spielten auch in der Zweiten Republik noch eine Rolle im heimischen Musikbetrieb - in Madison,Wisconsin kam er hingegen 1954 zu seinem ersten Festival. Weitere sollten folgen. 1991 starb Ernst Krenek, der Kontakt zu den meisten wichtigen Künstlern der europäischen Moderne gehabt hatte, in Palm Springs im sonnigen Kalifornien.
15. bis 29. Jänner Information: (01) 513 94 47.
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