Was treibt wohl einen blaublütigen Waldviertler in einen Wiener Gemeindebau aus der Zwischenkriegszeit? — Antwort: der Wahlkampf.
Kein Wunder: ist doch der blaublütige Waldviertler der FPÖ- Nationalratsabgeordnete John Gude- nus — richtig, jener Gudenus, der Erhard Busek einen „Idioten“ und „Koalitionstrottel“ schimpfte - und eine Wahlkampfveranstaltung in den Gemeindebauten in Wien-Margareten wäre mittlerweile selbst für den unbedeutendsten Statthalter Jörg Haiders ein ausgemachtes „Heimspiel“.
Denn der fünfte Wiener Gemein- debezirk liegt mit 27,2 Prozent Ausländeranteil an dritter Stelle der Wiener Bezirke; bei der Gemeinderatswahl 1991 konnte die FPÖ ihren Stimmenanteil bereits von 10,4 auf 23,4 Prozent mehr als verdoppeln, während die SPÖ von 53,4 auf 45,6 Prozent abstürzte.
Das Publikum bei dem „Nachbarschaftsfest“ der Margaretner FPÖ ist bunt gemischt: einige Pensionistinnen im Blümchenkleid samt Schoßhündchen, einige österreichische Bauarbeiter (im Gastgarten des „Fendi-Stüberls“ sitzend), einige ausländische Bauarbeiter (an der Arbeit); das Stammpublikum des „Fen- distüberls“: lange Haare, Tätowierungen, Schnauzbärte, Ruderleiberl.
Niemand stößt sich an der Skurrilität der Szene, weder der in handgeschneidertes Sommer-Leinen gehüllte Mandatar noch seine Fangemeinde: im besten Schönbrunnerdeutsch bemüht Gudenus sogar Grillparzer („der hat ja geschrieben: ,Weh dem, der lügt“1) gegen die „sozialistische Zwangsherrschaft“. Seine Fans danken es ihm: „I waaß zwoa tiet wer des is, der do redt - aber i wähl auf jeden Fall den Haider“, ist sich die kurzberockte Kellnerin des Fendi-Stüberls sicher.
Und ein langhaariger Mitt-Zwanziger, der den schönen Spätsommertag — bei garantiert mehr als einem Bier - im Beisei verbracht hat, nickt zustimmend: „Do hot er scho recht, der Haider, mit die Ausländer...“