Der Böse Wolf und die Politik

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Das Märchen von den drei kleinen Schweinchen ist ein eherner Bestandteil der Kinderstubenerzähl kunst: Drei Brüder ziehen in die Welt, um sich ein Haus zu bauen. Der eine baut aus Stroh, der zweite baut aus Holz, der dritte überlegt länger, was er tut, und konstruiert seine Bleibe aus Stein. Der Wolf kommt, pustet ein Haus nach dem anderen um, beißt sich aber am Steinhaus die Zähne aus. Die Schweinchen überleben .

Wenn man diese Geschichte gesellschaftlich deutet, dreht sie sich um Ressourceneinsatz, Investition, Nachhaltigkeit. Der Wolf repräsentiert die Prüfung durch eine Krise, die jeder Gemeinschaft einmal am existenziellen Gebälk rüttelt. Man könnte auch schließen: je mehr Menschen in einem Haus leben, desto krisenfester sollte es eigentlich sein. So besehen ist das Steinhaus eine existenzielle Mindestanforderung.

Die Häuser der Politik

In der Politik wurden die Häuser, in denen die Parteiführer und ihre Wähler zu Hause sind, vulgo Parteien, bisher genau so konstruiert. Zuerst wurde lange nachgedacht, ein Konzept für die Gesellschaft und ihre Zukunft entwickelt. Dann suchte man Personen, die diese Ideale am besten vertraten, und stellte sie nach vorne. Manche schimpfen das heute ein "ideologisches" Konzept. Sie übersehen dabei, dass so ein festes Gedankengebäude oft besser mit den Problemen umgehen kann. Man hat in der Dunkelheit der Krise zumindest einen strategischen Faden, an dem man sich entlanghanteln kann. Der Wahlkampf wird uns nichts davon zeigen. Er wird Männer präsentieren, die ihr Steinhaus verlassen und auf der Wiese Zelte errichtet haben, die sie Bewegungen nennen.

Sebastian Kurz von der ÖVP hat zwar noch eine Partei, aber Prinzipien und Programm sind zu Folgendem geschrumpft: Kurz. Gar nicht so unähnlich die SPÖ, deren Star, wenn es sein muss, von der Ideologie seiner Vorväter gerade einmal Folgendes übrig läßt: Kern. Und schließlich gibt es einen Grünen, der alle Schweinereien dieser Republik aufdecken will. Sein Glaubensprinzip: Pilz.

Probleme werde sich dann ergeben, wenn tatsächlich die Zeiten auf komplexe Weise zappenduster werden - etwa weil die Digitalisierung Arbeitsplätze zu Tausenden frisst - und man Politiker sucht, die nachhaltige Vorschläge für pragmatische Lösungen haben. Jene, die die Dinge beim Namen nennen, auch wenn das für sie selbst zunächst Popularitätsverlust bedeutet. Das funktioniert nur, wenn diese Menschen Prinzipien haben, die für sie selbst mehr zählen als persönliche Macht und Wichtigkeit.

So gesehen sind die Ideenzelte der aktuellen Bewegungen zwar sehr mobil -ihre Fahnen flattern, wo der Wähler gerade Wind wünscht. Aber wehe, es weht mehr als bloß ein thematisches Lüftchen. In diesem Sinne gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder sie kehren zurück zu den Prinzipien, aus denen sie entstammen. Oder sie machen neue. Ohne das eine oder das andere muss man davon ausgehen, dass ihre Zelte aus Stroh sind. Und dass sie im Ernstfall kein Steinhaus haben, in das sie sich vor einem Wolf flüchten könnten.

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