Der „Dahoam“-Vorteil des „Dr. Joe“

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Drei Wochen vor den Landtagswahlen in Oberösterreich scheint das Rennen bereits zu Gunsten der VP entschieden: Der SP droht eine weitere Niederlage – und sie dürfte nicht die letzte bleiben.

Einfach guat, einfach scheen“, schmettern die „Seer“ von ihrem Holzfloß aus über einen der vielen oberösterreichischen Seen. Schnitt. Es erscheint der Landeshauptmann Josef Pühringer auf einem der vielen oberösterreichischen Gipfel und blickt zufrieden. Schnitt. Das Floß, die Seer: „Do bin i hea, do gehear I hin.“ Schnitt. Der Landeshauptmann erscheint lächelnd unter zurücklächelnden Menschen. Schnitt. Fleißige Arbeiter, die Arbeit haben, arbeiten. Refrain vom Floß: „Unser Dahoam, ’s is a guats Gfühl do zu leben, unser Dahoam.“ Zoom auf die Hand der Sängerin, die gen Himmel zeigt. Josef Pühringer rückt ins Bild – sanft lächelnd – wie von da oben im Himmel. „Unser Dahoam“. Ende.

Der selbstgenügsame Landeshauptmann

Der Landeshauptmann genügt sich selbst. Kein einziges Mal erscheint in seinem Werbevideo das Logo der ÖVP. Ebenso wenig auf den Plakaten, die landauf, landab Pühringer und sein Motto „Weil er Oberösterreich liebt“ zeigen. Seiner Bundespartei lässt er über Interviews ausrichten: „Ich lass mir nicht in die Suppe spucken.“ Die Suppe ist in diesem Fall die Landtagswahl in Oberösterreich am 27. September. Und Pühringer ist regierender Haushochfavorit.

Während die SPÖ sich mit ihrem Spitzenkandidaten Erich Haider damit erschöpft, 80 Prozent der oberösterreichischen Haushalte, 150.000 an der Zahl, mit einem persönlichen Besuch zu beglücken, um Vollbeschäftigung, sichere Pensionen und Gleichberechtigung zu versprechen, scheint die ÖVP mit den gleichen Inhalten plus Landeshauptmannbonus schon am Ziel angelangt zu sein: In Umfragen liegt sie unangefochten zehn Prozent vor der SPÖ. Der Vorsprung ist in den vergangenen Monaten konstant geblieben. Die anderen Mitbewerber FPÖ, Grüne und BZÖ spielen eine Klasse tiefer und fischen vor allem im Becken der SPÖ-Wähler.

Ist die Vormachtstellung ein Verdienst des Landeshauptmanns? Nein, meinen Politologen. Die Stärke der ÖVP sei vor allem die Schwäche der SPÖ: „Die SPÖ hatte bei den vergangenen Wahlen 2004 ein Glücksfenster“, sagt Politologe Thomas Hofer: „Das Voest-Debakel, die Unzufriedenheit mit Schwarzblau und der Einbruch der FPÖ haben ihr damals ein Plus von elf Prozent gebracht.“ Das Blatt hat sich seither gewendet. Die SPÖ ist an der Regierung, steckt in einer Serie von Wahlniederlagen und sieht sich einer Krise gegenüber, die ihre Arbeitsplatzkompetenz merklich in Frage stellt.

Dass dem so ist, wird selbst in der Parteizentrale der Sozialdemokraten in Wien nicht mehr angezweifelt. „Das könnte der Beginn eines schwarzen Herbstes werden“, sagt ein führender SP-Mitarbeiter. Ein Herbst, der sich bis Ende kommenden Jahres hinziehen könnte, glaubt Peter Filzmaier: „Die SPÖ kann nichts gewinnen, sieht man von der Bundespräsidentenwahl ab. Bei den vergangenen Landtagswahlen hatte die Partei unter Gusenbauer in Opposition historische Höchststände erreicht. Diese Rahmenbedingungen sind weder in Oberösterreich noch in der Steiermark und Wien gegeben.“ Den Erfolgsaussichten entsprechend spärlich sind die Auftritte des Kanzlers im oberösterreichischen Wahlkampf: Abgesehen von parteiinternen Meetings (Sommerfest „Rote Nacht“, SP-Präsidium und Klubklausur) wird er sich auf einen Auftritt bei der Rieder Messe beschränken.

Rochaden im Regierungsteam?

An eine der möglichen Niederlage folgende SP-Führungsdiskussion glauben die Experten trotzdem nicht: „Die Wahl würde im Falle einer Niederlage zwar auch als eine Niederlage Faymanns ausgelegt werden. Aber der SPÖ fehlt eine personelle Alternative, um eine Obmanndebatte anzuzünden“, meint Filzmaier. Es liege auch nicht im Interesse der ÖVP, Faymann zu demontieren. Allenfalls seien innerparteiliche Konsequenzen möglich, meint Hofer: „Es gibt drei Ebenen. Auf der ersten würde es eine Rochade in der SPÖ Oberösterreich geben. Die zweite wäre ein Wechsel innerhalb der sozialdemokratischen Bundesgeschäftsführung. Die dritte wäre ein Wechsel im Regierungsteam, um Aktionsbereitschaft zu signalisieren.“

Ganz anderen Problemen sehen sich die anderen Oppositionsparteien in Oberösterreich gegenüber. Die Grünen könnten bei den Kommunalwahlen laut Umfragen zwar leicht dazugewinnen, trotzdem aber ihren Sitz in der Landesregierung an die Freiheitlichen verlieren, die derzeit laut Sora klar vor den Grünen liegen.

Ein solches Szenario birgt gleichzeitig das größte Problem des Wahlfavoriten Pühringer: die Suche nach einem Koalitionspartner in der Landesregierung. Derzeit verfügen ÖVP und SPÖ über vier, die Grünen über einen Sitz im Leitungsgremium des Landes. Sollten sich alle Trends bewahrheiten, wäre Pühringer zu einer Koalition mit der FPÖ gezwungen, will er nicht die Haider-SPÖ als Partner. Die von der ÖVP lauthals ausgerufene Gefahr einer rot-blauen Koalition wird vom Landesverfassungsdienst Oberösterreich im Falle von Stimmenverlusten der SPÖ als „extrem unwahrscheinlich“ eingestuft.

Für die ÖVP zählt vor allem der Abstand zur SPÖ, entscheidet er doch über einen allfälligen fünften Sitz und damit die absolute Mehrheit in der Landesregierung. Wohl auch deshalb kämpft der Landeshauptmann auch nächtens in Diskotheken, Festzelten und Partys um jede Wählerstimme. Die Junge ÖVP Oberösterreich hat ihn dafür mit einer zweiten „modernen“ Identität versehen. Pühringer heißt dann „Dr. Joe“.

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