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Theaterdirektor Gerald Szyszkowitz im Gespräch.

die furche: Sie führen die Freie Bühne Wieden, eine Wiener Kleinbühne. Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Eigenschaften und Stärken eines Theaterdirektors?

gerald szyszkowitz: Das wichtigste ist, ein ordentlicher Finanzmann zu sein. Man braucht unbedingt finanzielle Ressourcen, um eventuell das Schiff flott halten zu können. Ich habe gestern 30.000 Euro vorgestreckt, weil die Subventionen noch nicht da sind. Das zweitwichtigste ist, dass man ins Land einischaut und überlegt: Welche Geschichten erzähl ich meinem Publikum? Warum sollen die Zuschauer kommen? Ein Theaterdirektor muss sehen, wie die Gesellschaft ausschaut und versuchen, darauf zu reagieren.

die furche: Derzeit läuft bei Ihnen der sehr gelungene Turrini-Abend "Im Namen der Liebe". Insgesamt bringen Sie aber sehr viele Stücke, die Sie selbst geschrieben haben. Warum?

szyszkowitz: Ich mache vier Mal im Jahr eine Inszenierung, zwei Mal davon ein eigenes Stück. Die Leute kommen natürlich meinetwegen überhaupt in dieses Theater. Meine Bekannten gehen seit Jahren in meine Stücke. Mit den zirka 1.000 Leuten aus meinem Bekanntenkreis hab ich drei Wochen lang den "Thaya" (Für die Bühne adaptierter Szyszkowitz-Roman, Anm. d. Red.) vollgekriegt. Sie kommen, weil sie die Schauspieler oder mich kennen, weil sie sehen wollen, was ich jetzt so mache. Die Kritikermeinung interessiert mich nicht. Zwei Leute sind seit Bestehen dieser Direktion wegen einer Kritik ins Theater gekommen. Es kommt auch keiner wegen der klassischen Werbung, daher inseriere ich; die Information: "Es gibt da und dort dieses Stück" genügt vollkommen.

die furche: Wien gilt als Theaterstadt, die Konkurrenz ist groß. Wie kann man seinem Theater ein eigenes Profil geben?

szyszkowitz: Als ich beim "steirischen Herbst" war, habe ich "Magic Afternoon" oder "Kaspar" in Österreich erstaufgeführt. Später, Anfang der siebziger Jahre, im ORF, gab es keine Drehbuchautoren, da hab ich eben meine Theaterfreunde wie den Peter Turrini oder den Wolfgang Bauer fürs Fernsehen beauftragt. Ich habe mein Leben lang neue Geschichten produziert, sowohl am Theater wie im Fernsehen. Ich bin also der verkörperte Mut. So ist es jetzt wieder. Es gibt kaum zeitgenössischen Stücke. Das heißt, es liegen einige beim Sessler Verlag. Aber die, die liegen, mit denen trau' ich mich nicht vor ein Publikum.

die furche: Wieso nicht?

szyszkowitz: Dieses Publikum, das sich überwiegend aus Leuten zusammensetzt, die ich kenne, will eine spezifische Art von Theater. Die sind glücklich, wenn das unterhaltsam ist, sie sich aber nicht genieren dafür. Irgendwo muss die Seele berührt werden. Man muss etwas erfahren über das Leben, aber auf unterhaltsame Art. Nach jeder Vorstellung stell' mich an die Theaterstiege wie der Wirt und frage: Hat es Ihnen geschmeckt?

Das Gespräch führte Isabella Marboe.

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