Ziemlich zum Schluss muss er erfahren, dass er eine völlig erledigte Angelegenheit sei: Baal, Inbegriff des Asozialen in einer freilich ebensolchen Gesellschaft. Inspirieren zu dieser Figur, die gegen so gut wie alles in der Gesellschaft zu Felde zieht und damit schließlich scheitert, ließ sich Bertolt Brecht von Josef K., dem unehelichen Sohn einer Waschfrau, der Monteur lernte, diesen Beruf aber nie ausübte. Anstelle dessen wusste der wenig Ausgebildete durch eine natürliche Intellektualität für sich einzunehmen, verstrickte sich zunehmend in Verbrechen und starb verkommen.
Friedrich Cerhas Interesse galt immer schon dem Wechselspiel zwischen dem Einzelnen und der Gesellschaft. Kein Zufall, dass seine Sujetwahl auf Brechts "Baal“ fiel, als ihm Mitte der 1970er Jahre das damalige Unterrichtsministerium einen Opernauftrag erteilte. Graz war für die Uraufführung dieses auf zwei Teile in 25 Szenen angelegten Bühnenwerks vorgesehen. Tatsächlich fand sie 1981 bei den Salzburger Festspielen statt, in einer mit der Wiener Staatsoper koproduzierten Inszenierung von Otto Schenk, dirigiert von Christoph von Dohnányi an der Spitze der Wiener Philharmoniker, mit einem ebenso begeistert gefeierten Theo Adam in der Titelrolle. Rasch wurde das Werk nachgespielt, zuerst an der Wiener und Berliner Staatsoper und in Darmstadt, später in Basel und Nürnberg.
Eine schwarz ausgelegte, schiefe Ebene mit einigen Türen und in die Tiefe führenden Öffnungen hat sich Ausstatter Gilles Gubelmann als Einheitsbühnenbild für die sich auf eine unprätentiöse Personenführung konzentrierte Regie von Leo Krischke einfallen lassen.
Solide Ensembleleistung
Zu Typen stilisierte Menschen bevölkern die Bühne, kommentieren Baals Handlungen, finden ihn gleichermaßen anziehend wie abstoßend. Beeindrucken will er sich davon nicht lassen. Selbst gegenüber freundschaftlichen Ratschlägen zeigt er sich taub, nimmt damit seinen langsamen, aber steten Untergang, ein Sterben in Krankheit in Kauf.
Wenigstens durch die Gesamtwirkung des Ensembles kommt die Botschaft des Stücks, dass der sich am besten durchschlängelt, der möglichst unauffällig gesellschaftlichen Konventionen folgt, an. Weniger durch den zugegeben akrobatisch agierenden, für diese Rolle aber mit zu wenig vokalen Möglichkeiten ausgestatteten Sänger der Titelpartie, Sébastien Soulès (Bild), der dies durch intensives Spiel auszugleichen versucht.
Überhaupt ist diese Produktion vor allem durch das um Präzision bemühte Zusammenspiel der einzelnen Sängerinnen und Sänger, aus denen die in vielfachen Rollen eingesetzten Elisabeth Lang und Oliver Ringelhahn hervorstechen, gekennzeichnet. Wie stets in der Neuen Oper Wien sorgte auch diesmal Walter Kobéra - mit zuweilen zu wenig zügigen Tempi - an der Spitze seines amadeus-ensemble wien für ein entsprechendes orchestrales Fundament.
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