Der Kaiser und sein Gerichtsvollzieher

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Mit einem privaten Museum halten Friedrich Jares und seine Ehefrau Evelyne die Erinnerung an den ehemaligen Kaiser Franz Joseph I. hoch.

Der Titel dieses Berichtes klingt nach Fritz von Herzmanovsky-Orlando, die ganze Geschichte könnte aus der Feder des Meisters altösterreichischer Skurrilitäten stammen. Es handelt sich um den Gerichtsvollzieher in Ruhe, Friedrich Jares, der seit einem halben Jahrhundert Memorabilien an Kaiser Franz Joseph I. sammelt und diese in einem eigens errichteten und liebevoll gestalteten Museum in Wienings bei Groß Siegharts im tiefsten Waldviertel der Öffentlichkeit zugänglich macht.

Erinnerung an Verehrung

„Wir wollen Franz Joseph als Mensch, Kaiser, Soldat, Familienoberhaupt und Jäger darstellen sowie die Verehrung durch seine Völker dokumentieren. Diese Ziele versuchen wir durch die Präsentation von Bildern, Dokumenten, zeitgenössischen Zeitungen sowie Gegenständen des täglichen Gebrauches wie Häferln, Tellern, Kaffeekannen und sogar Schaltern mit Kaiserkopf zu erreichen. Durch das Museum soll die Erinnerung an einen langjährigen verehrten Herrscher aufrecht erhalten und die Verehrung seiner Untertanen durch die Fülle von patriotischen Erzeugnissen dargestellt werden“, erzählt der rastlose Sammler, der sich keinesfalls als Monarchist sieht, aber sich seit einem halben Jahrhundert zu Franz Joseph hingezogen fühlt. „Begonnen hat es damit, dass mir eine Tante ein Häferl mit Franz Joseph-Porträt anlässlich seines 60-jährigen Regierungsjubiläums geschenkt hat. Ich wollte von diesem Jubiläumshäferl alle sechs Stück erwerben, was mir allerdings nie gelungen ist. Dafür habe ich bei meiner ständigen Suche Tausende andere Dinge gefunden, die zeigen, dass der Kaiser ein Leben lang vermarktet wurde wie ein Popstar heute. Sein Porträt ziert alle möglichen und unmöglichen Gegenstände wie Wecker, Gläser, Krüge, Pfeifenköpfe, Spazierstöcke, Kaffeemühlen oder sogar eine Bröselreibe“, erzählt Jares, der auch Gegenstände aus der heutigen Zeit aufgetrieben hat: Mineralwasser aus Polen sowie Sardinen und Muscheln aus Tschechien, geschmückt mit dem Bild des Kaisers, der sich darüber sicherlich nicht gefreut hätte.

In diesen Tagen geht es bei der Familie Jares recht hektisch zu. Naht doch der 18. August, Kaisers Geburtstag, diesmal sogar der 180. – ein rundes Jubiläum also. Die alljährliche Parade in Bad Ischl haben Friedrich und Evelyne Jares noch nie versäumt. Er in der Uniform des Traditionsregimentes Kaiserjäger in Schwaz in Tirol, sie in Sisis schwarzer Trauerkleidung, beides geschneidert von einer Waldviertler Schneiderin, einer Meisterin ihres Faches, die sogar in der Lage war, die kaiserliche Generalsuniform nachzuschneidern! Dieses Ehrenkleid trägt Jares nur zu besonderen Anlässen. Zum Beispiel bei der Eröffnung des Franz-Joseph-Parks in Groß Siegharts wurde er gebeten, in voller Montur zu erscheinen, eine Bitte, die gern erfüllt wurde.

Kaiserliche Gelassenheit

Das Museum, das im Verborgenen blüht, erfreut sich seit seiner Eröffnung im Jahre 1998 wachsender Beliebtheit. Es kommen nicht nur Nostalgie-Fans, auch Busse aus Tschechien und Normalverbraucher, die bisweilen die unschuldige Frage stellen, ob Franz Joseph der Ehegatte von Maria Theresia war. Derart frevelhafte Anfragen werden mit kaiserlicher Gelassenheit beantwortet, obwohl sie sofortige Bestrafung verdient hätten. Zur Erholung vom Rundgang gibt es Entspannung in der angeschlossenen Konditorei, die dem gelernten Zuckerbäcker Friedrich Jares besonders am Herzen liegt. Dort gibt es in kaiserlichem Ambiente Kaffee, Torten und Kuchen.

Empfehlenswerter Ausflug

Ebenso ist der Eintritt ins Museum kostenlos, freie Spenden sind freilich erbeten. „Das Museum ist unser Hobby. Wir haben genug investiert und gesammelt, wir wollen mit dem Museum nicht verdienen, sondern Freude bereiten“, erklären Friedrich und Evelyne Jares, und man glaubt es ihnen. Ebenso wie die Sorgen um den Bestand des Museums. Denn das Ehepaar ist kinderlos und weiß nicht, wer ihr Lebenswerk einmal weiterführen wird. Es wäre schade, wenn es das Franz Joseph-Museum in Wienings, ein Unikat in ganz Österreich, nicht mehr gäbe. Weshalb eine Reise in das mystische Waldviertel dringend zu empfehlen ist.

Museum in Wienings

Wienings 15, 3812 Groß Siegharts kfj-museum@aon.at

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