Der letzte ÖVP-Kanzler

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Zeitzeugengespräche mit Josef Klaus, Wolfgang Schmitz, Franz Soronics, Herbert Grubmayr.

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Zeitzeugengespräche mit Josef Klaus, Wolfgang Schmitz, Franz Soronics, Herbert Grubmayr.

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Aus erster Hand lernt man Geschichte von Zeitzeugen, wenn diese, natürlich subjektiv gefärbt, im Gespräch vergangene Tage und Personen lebendig werden lassen, Tage wichtiger Entscheidungen, Personen, die des Erinnerns wert sind.

Gespräche mit namhaften Angehörigen der ÖVP-Alleinregierung zwischen 1966 und 1970 bilden den Kern des Jahrbuches "Demokratie und Geschichte 1999" des Karl von Vogelsang-Instituts zur Erforschung der christlichen Demokratie in Österreich. Um noch "eine Art politisches Vermächtnis für heutige und für künftige Generationen niederzulegen", stellte sich auch der sonst über seine Amtszeit eher wortkarge letzte ÖVP-Bundeskanzler Josef Klaus einem Gespräch mit Herausgeber Helmut Wohnout und dem Innsbrucker Zeitgeschichtler Michael Gehler.

Das Interview mit dem im 90. Lebensjahr stehenden Josef Klaus zeichnet den Lebensweg des gebürtigen Kärntners, der vor der Wahl zum ÖVP-Obmann und Kanzler als Salzburger Landeshauptmann und als Finanzminister sein politisches Geschick unter Beweis stellte, und präsentiert einen Menschen, wie er heute in der Politik selten vorzukommen scheint: mit mehr Leidenschaft für die Politik als persönlichem Ehrgeiz, mit mehr Geradlinigkeit und daher einer glaubwürdigeren Kombination von Reden und Tun, mit mehr eigener und weniger von "spin doctors" geprägter Persönlichkeit.

Altbundeskanzler Klaus erweist sich nicht nur als munter sprudelnde Quelle, um Hintergründe der österreichischen Innen- und Außenpolitik, insbesondere der fünfziger und sechziger Jahre, aufzuhellen. Besonders sympathisch macht ihn, daß er auch Dinge erwähnt, die ihm später leid taten, daß er erfolgreich bemüht war, sich mit Personen wie Heinrich Drimmel oder Gottfried von Einem, mit denen er Konflikte hatte, noch vor deren Tod zu versöhnen.

Der Regierung Klaus gehörten als Finanzminister Wolfgang Schmitz, später Nationalbankpräsident und Furche-Herausgeber, sowie als Innenminister Franz Soronics an. Auch sie kommen in dem Buch ausführlich zu Wort, im wesentlichen spannt sich der Bogen der Gespräche vom Sturm auf das Wiener erzbischöfliche Palais im Oktober 1938 bis zum Ende des "Prager Frühlings" im August 1968.

Neben den Zeitzeugengesprächen, zu denen auch noch eines mit dem Diplomaten Herbert Grubmayr zählt, machen noch eine Reihe weiterer Beiträge - darunter von Heinrich Neisser über Österreich und die EU und von Clemens Martin Auer über das katholische Lehramt im Konflikt mit der Meinungs- und Religionsfreiheit - das heurige Vogelsang-Jahrbuch absolut lesenswert.

Demokratie und Geschichte 1999. Herausgegeben von Helmut Wohnout. Böhlau Verlag, Wien 1999. 275 Seiten, geb., öS 348.- / E 25,29.

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