Der Maresciallo ist ein Grübler

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Die neueste Magdalen Nabb: Brunettis Konkurrent Guarnaccia klärt eine Entführung auf.

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Die neueste Magdalen Nabb: Brunettis Konkurrent Guarnaccia klärt eine Entführung auf.

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Contessa Olivia Brunamonti ist verschwunden: Opfer einer von Mafiosi geplanten Entführung. Aber warum? Und wer waren die Übeltäter? Im neuesten Roman von Magdalen Nabb, "Alta Moda", verschwimmen die Grenzen zwischen Thriller und Krimi.

Die Engländerin lebt wie ihre amerikanische Konkurrentin Donna Leon seit langem in Italien, macht wie jene aktuelle politische Mißstände zum Thema ihrer Romane und schuf sich ebenfalls ihren ganz speziellen Kommissar. Florenz contra Venedig, Maresciallo Guarnaccia contra Commissario Brunetti.

Eine Frau erzählt von ihrer brutalen Entführung. Ein Alptraum. Nein, doch ein Krimi, denn Maresciallo Guarnaccia ermittelt. Sein neuer, höchst mysteriöser Fall bereitet ihm Kopfzerbrechen. Er grübelt sich durch den Alltag. Seine Frau braucht gute Nerven, denn seine abwesende Anwesenheit in der Familie ist eher hinderlich als hilfreich bei der Bewältigung von Erziehungsproblemen, die sich bei den Söhnen wieder einmal stellen. Wie Simenons Maigret ist Guarnaccia ein behäbiger, eher schwerfälliger Mann. Er ist schweigsam, ein guter Zuhörer und Beobachter, der sich intensiv in seinen Fall hineinversenkt, der auf der Suche nach einem plausiblen Motiv die möglichen psychischen Beweggründe zu durchforsten und alle Beteiligten zu durchschauen versucht. Der scheibchenweise Bericht des Opfers (in der Ichform) mit tagebuchartiger Aufzählung der unnötig erniedrigenden und brutalen Behandlung durch ihre Peiniger während ihrer Gefangenhaltung wird unterbrochen von der Geschichte des enervierenden und oft stagnierenden Ermittlungsverlaufs.

Dazwischen erfährt man die absurde Familiengeschichte der Brunamontis, in die die Amerikanerin Olivia Birkett, ehemals Model, nun Modedesignerin, einheiratete. Wie sich herausstellt, lebt die Überfallene zwar in einem Palazzo, aber ihre finanziellen Mittel entsprechen keineswegs dem äußeren Schein. Haben die Täter stümperhaft recherchiert?

Es ist nicht die erste Entführungsgeschichte von Magdalen Nabb, sie kommt immer wieder auf das Thema zurück. Das ist ein Teil ihres Realismus, Entführungen sind ja ein Teil der italienischen Realität. Die Autorin versteht es, trotz des laufend eingestreuten Berichts der Betroffenen, der den Ausgang der Geschichte vorwegnimmt, die Spannung zu erhalten und zu den Handlungssträngen die psychische und physische Wandlung der Festgehaltenen so darzustellen, daß die letzte überrraschende Wendung, eine anhaltende Abhängigkeit der Contessa von einem ihrer Entführer, beinahe verständlich erscheint.

Alta Moda. Roman von Magdalen Nabb. Diogenes Verlag, Zürich 1999. 360 Seiten, geb., öS 291,-e 21,14

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