Der Medien-Tycoon als Mafioso

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Wird sich Rupert Murdoch aus Großbritannien zurückziehen und stattdessen sein Imperium in den USA weiter arrondieren? Darüber spekuliert Ken Doctor, ein US-Medienökonom. In London hinterließe Murdoch verbrannte Erde - und in Amerika böte sich gerade eine einmalige Kaufgelegenheit: Die Los Angeles Times und die Chicago Tribune, von einem anderen Impresario mit kriminellen Energien, Sam Zell, in den Ruin getrieben, stehen als Konkursmasse zum Verkauf und böten Murdoch die Chance, sein Imperium ganz in die neue Welt zu verlagern.

Ein Bilderbuch-Szenario für Marxisten, die seit Jahren darauf aufmerksam machen, wie schamlos Kapital zu Zeiten der Globalisierung vagabundiert. Ken Doctor hingegen vergleicht Murdoch mit dem Mafia-Boss Corleone - und auch das ist irgendwie naheliegend. Denn wer zwei weiteren Medienforschern, Tony Harcup (Universität Sheffield) und Angela Philips (Goldsmiths College, London) jüngst bei einer Konferenz des Reuters Institute der Universität Oxford lauschte, bekam unweigerlich eine Gänsehaut. Die Wissenschaftler breiteten Details aus dem bizarren Regime organisierter Kriminalität aus, das bei Murdochs News of the World und anderen, konkurrierenden britischen Boulevardblättern herrschte. Das Klima sei "vergiftet“ gewesen, es habe "rituelle Erniedrigungen“ gegeben. Niemand habe sich getraut, gegen die Autokratie übermächtiger Chefredakteure aufzumucken. So seien schließlich "ethische Standards auf allen Ebenen kompromittiert“ worden.

Unwahrscheinlich auch, das ein anderer Medientycoon, dem seit Jahren Mafia-Verbindungen nachgesagt werden, nun endlich hinter Gittern landet. Trotz Verurteilung wird sich Silvio Berlusconi nicht wie Vorgänger Bettino Craxi nach Afrika absetzen müssen. Schlimmstenfalls droht ihm in Italien Hausarrest - weiteren BungaBunga-Partys steht nichts im Weg.

* Der Autor ist Medienwissenschafter an der Universität Lugano/CH

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