Der Minister spielt Völkerball

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In der Fassadenpflege sind unsere Kulturpolitiker ganz groß. Zuerst hat man, ohne jede Not, den Namen geändert, offenbar um auf Revolutionäres vorzubereiten: Aus dem Museum für Völkerkunde, 1806 als "k.k. Ethnographische Sammlung“ gegründet, wurde das "Weltmuseum Wien“. Dann wurde im Dezember 2013 nach einem aufwendigen Vergabeverfahren mit großem Trara eine wunderbare Zukunft verheißen: 2016 sollte die peinliche Geschichte jahrelanger Renovierung und Schließung mit einer würdigen Neuaufstellung der weltberühmten Sammlungen (etwa des Weltumseglers James Cook) ein Ende finden.

Und jetzt, nachdem ein Jahr dafür gearbeitet und Geld ausgegeben worden war, spielte Everbody’s Darling Minister Ostermayer Völkerball und schoss das Projekt ganz und gar uncharmant ab, indem er eine "Redimensionierung“ ankündigte. "Redimensionierung“ heißt bekanntlich nie Vergrößerung, genauso wie eine "Preisanpassung“ immer nach oben erfolgt. Dass das lecke Völkerkunde-Boot seit 2001 unter der Flagge des Kunsthistorischen segelt, hat ihm eher geschadet: wie eine Löwin hat Sabine Haag nicht gerade für die beschlossene Sache gekämpft. 25 Millionen hätte der Umbau gekostet, soviel wie die neue Mariahilferstraße. Das kann sich Österreich nicht mehr leisten? Dafür soll - im Dutzend billiger? - gleich noch ein zweites Museum in die Neue Burg einziehen: das ewig untote "Haus der Geschichte“, das in Wahrheit niemand wirklich will, denn sonst hätte man es längst gebaut. Mit zwei halben Lösungen statt einer richtigen ist niemandem gedient, auch einem applausverwöhnten Minister nicht, der in der Rolle des Problemlösers vergisst, was er den Museumsbesuchern von heute und morgen schuldig ist: einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Erbe einer Zeit, in der Kulturpolitik nicht von Kleingeistern gemacht wurde.

Die Autorin ist Germanistin und Literaturkritikerin

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