Der neue „Zeit“-Geist

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In heiligen Zeiten wagt man bisweilen Veränderung. Die vorösterliche Ausgabe der Zeit, der Mutter aller Qualitätswochenzeitungen im deutschen Sprachraum, glänzt da mit der Etablierung von gleich drei neuen Ressorts. Das eine („Die ZEIT der Leser“), am meisten dem publizistischen Zeitgeist geschuldet, soll eine ganzseitige Spielwiese der Rezipienten darstellen – Kritzeleien, Gedichte, Schmähungen, Lob u. ä. wünscht sich der aktuelle Zeit-Macher Giovanni di Lorenzo dafür.

Das andere neue Ressort heißt „Geschichte“ und wird auf zwei Seiten die bisherigen „Zeitläufte“ am Ende des Blattes ersetzen, die uns, gestehen wir, schon arg lieb geworden waren. Mitunter haben wir die Zeit, die ja immer noch ein Wochenprogramm an Lesestoff bietet, genau dort zu lesen begonnen.

Aufs dritte neue Ressort sind wir aber am meisten gespannt: „Glauben und Zweifeln“ ist es übertitelt, zum Einstand dieser Innovation widmet die aktuelle Zeit-Ausgabe gleich sechs Seiten dem Thema. Die Hamburger Wochenschrift hat sich wohl seit eh und je als Flaggschiff der großen geistigen Debatten – von Habermas & Co – in Land und Sprachraum verstanden. Aber „religiös“ war das Blatt doch eher einem intellektuellen Agnostizismus nahe, wenn natürlich nicht so aufs Katholikenfressen bedacht wie der Nachbar Der Spiegel. „Glauben und Zweifeln“ werde keinesfalls eine konfessionelle Seite sein, beeilt sich di Lorenzo zu betonen. Aber die wesentlichen Auseinandersetzungen auf dem Gebiet von Sinn(suche) und Wertedebatten sollen hier stattfinden.

Unabhängiger Religionsjournalismus also: Die beiden großen Kirchen haben ihre Monopole auf Plausibilität und Welterklärung schon lang verloren. Von daher ist es eine reizvolle journalistische Aufgabe – und Pflicht –, das Feld der Religion(en) mit der nötigen Kompetenz zu beackern. Die FURCHE versucht dies schon lang gleichfalls mit einem eigenen Religionsressort. Interessant, dass der neue Zeit-Geist nun auf eine ähnliche Philosophie setzt.

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