Der ORF krankt am Selbstverständnis

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Die kleinste aller großen Koalitionen beschert dem ORF zusätzlich 160 Millionen Euro. Dafür muss das Programm „österreichischer“ und TW 1 zum Info- und Kulturkanal werden. Ö1 im Bild. Hurra?

Wie alle bisherigen Therapieversuche dient auch diese Finanzspritze bloß der Symptombekämpfung. Die Krankheit bleibt. Sie liegt im Selbstverständnis. Ihr akuter Zustand offenbart sich parallel zur medienpolitischen Diskussion im Informationsangebot:Werbung auf Ö3 ohne Tunnelunterbrechung ist wichtiger als die Empfangsmöglichkeit der Journale von Ö1. Die ZIB24 beginnt immer öfter erst lang nach 0 Uhr und verliert dadurch Stammpublikum. Die ZIB2 fällt sogar wegen einer Romy-Schneider-Hommage aus, wenn sie nicht gerade unter der hausinternen Gegenprogrammierung „Dancing Stars“ leidet.

Der öffentliche Auftrag unterliegt bereits seit 15 Jahren gegen die Quotenorientierung. Doch diese von Gerhard Zeiler 1994 verordnete Strategie funktioniert nicht (mehr). Vor seinem Amtsantritt hatte ORF1 noch 32, ORF2 immerhin 31 Prozent Marktanteil. Im Oktober 2009 sind es 13 und 23 Prozent. Tendenz sinkend. ORF1, dieser auf Privatsender ohne Unterbrecherwerbung getrimmte Bastard, ist längst ein inhaltlicher Sanierungsfall. Denn er ködert sein Publikum nicht für eine Zukunft mit ORF2, sondern gewöhnt es bloß an die Programme der ungebührlich agierenden Konkurrenz. Sein geringster „fernsehpublizistischer Anteil“ (=Information & Co.) aller deutschsprachigen Vollprogramme spottet jedem gesellschaftlichen Auftrag.

Der Politik fehlt die Kompetenz für eine Neupositionierung des unverzichtbaren öffentlich-rechtlichen Mediums. Die radikale Kursänderung ist aber eine Frage der Selbsterhaltung. Nur Unverwechselbarkeit legitimiert den ORF als Gebührenempfänger. Desperate Housewives und hohe Quoten haben andere auch.

* Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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