Der Streit um die Struktur des ORF entsteht aus Sorge um seine journalistische Unabhängigkeit. Die Stärke der Redaktion im Ringen mit der Direktion liegt im Erfolg der Information: Von früh bis spät verzeichnen sämtliche TV-Nachrichtensendungen mehr Publikum als zuvor. Die ZIB-Stafette in ORF2 erreicht im Jahresschnitt Marktanteile von 25 bis 45 Prozent. Dieser Höhenflug hat externe Ursachen: Flüchtlinge und Brexit, Erdog an und Trump, Van der Bellen und Hofer verstärken die Suche nach verlässlicher Orientierung. Die Quoten sind hoch, weil der öffentlich-rechtliche Rundfunk das Bedürfnis nach "news you can use" erfüllt. Vor allem in Ö1 und ORF 2. Deren Qualität hat interne Gründe.
Vier von fünf Österreichern halten ihr Radio und Fernsehen für zuverlässig. Unser TV-Vertrauen liegt 22 Prozentpunkte über dem Schnitt der EU-Staaten und klar vor Deutschland. Es gilt vor allem dem ORF. Doch auch Puls 4, ATV und ServusTV setzen zunehmend auf Information. Sie haben schon gute Formate und Galionsfiguren etabliert. Einerseits durch die Fusion von Puls 4 und ATV in einer Sendergruppe, andererseits durch die politische Pointierung von ServusTV wird also der Info-Wettbewerb für den ORF ungeachtet seiner Erfolge härter. Dazu kommt noch die neue Boulevard-Konkurrenz von oe24.tv. 2016 erreichten Puls 4, ATV, ATV II und ServusTV zusammen erst acht Prozent Publikumsmarktanteil, ORF 2 allein 21,2 Prozent. In Deutschland erzielte das 1984 gestartete RTL schon 1993 höhere Quoten als ARD und ZDF. Eine solche Entwicklung wurde von Österreich per ORF-Monopol verhindert. Also haben hier heute sechs deutsche Programme mehr Marktanteil als der beste heimische Privatsender. Gerade deshalb muss der ORF stark bleiben -auch wenn das eine böse Ironie des medienpolitischen Schicksals ist. Diese Stärke behält der ORF aber nur durch unabhängige Information.
Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst
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