"Der Rechnungshof will alles zählen, wiegen und messen“

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Ein Rechnungshofbericht kritisiert Effizienz und Transparenz der heimischen Filmförderung. Die Förderstellen reagieren mit einigem Unverständnis.

Angenehm war dieser Befund nicht: Als der Rechnungshof (RH) im Februar die Ergebnisse seiner Überprüfung der heimischen Filmförderung präsentierte, gab es in der Branche so manch langes Gesicht. Denn in vielen Fällen beklagte der Bericht mangelnde Effizienz, Transparenz und Kooperation bei den insgesamt 18 Einrichtungen, die auf Landes- oder Bundesebene für die Förderung von Filmen zuständig sind.

Der RH-Bericht widmete sich den Jahren 2006 bis 2008, in denen das Gesamtbudget für die Filmförderung um 25 Prozent zunahm. "Die Förderungsabwicklung wies teilweise gravierende Mängel auf“, befand der RH-Bericht. "Obwohl die meisten Filme von mehr als einer Einrichtung gefördert wurden, kooperierten die Einrichtungen kaum.“

Größte heimische Förderinstitution ist das Österreichische Filminstitut (ÖFI), gefolgt vom Filmfonds Wien und dem ORF. Auf Bundesebene sind neben dem ÖFI (Kinofilmförderung) auch noch die RTR (Fernsehfilmförderung), das Kulturministerium (Kunstfilm) und die FISA (Filmstandort Österreich, Spitzenfinanzierung im Wirtschaftsministerium) zugange.

Insgesamt 18 Fördereinrichtungen

Daneben existieren etliche Landesförderungen, etwa in der Steiermark (CineStyria) oder in Tirol (CineTirol). Viele der Förderstellen würden laut RH ineffizient arbeiten, wenn man das Verhältnis der Verwaltungskosten den Auszahlungen gegenüberstelle. Auch bei der Transparenz hapere es: Die Richtlinien der einzelnen Stellen seien zu unterschiedlich.

Derlei Kritik stößt bei den Fördergebern insgesamt auf Unverständnis: Peter Zawrel, Chef des Filmfonds Wien: "Viele Kritikpunkte sind Unsinn. Etwa, dass empfohlen wird, die 18 Förderer auf elf zusammenzulegen. Darüber kann man erst reden, wenn die neun Bundesländer ihre föderalen Strukturen aufgegeben haben.“ Die Aufmerksamkeit des Rechnungshofs für die Filmförderung hätte es vor zehn Jahren nicht gegeben, meint Zawrel. "Denn damals gab es nur halb so viel Fördergeld wie heute.“ Die Zusammenarbeit der Förderstellen sei heute jedenfalls durchaus gegeben, obwohl der Rechnungshof zu wenig Kooperation ortete. "Wir telefonieren täglich mit den Kollegen vom ÖFI oder anderen Einrichtungen“, sagt Zawrel. "Es wird halt nicht alles verschriftlicht, was wir kommunizieren.“ Zudem gäbe es mit der jährlich während der Diagonale stattfindenden Länderfilmfördertagung, die auf Zawrels Initiative zurückgeht, ein Forum des intensiven Austausches.

Berechtigt ist für Zawrel der Ruf nach einem einheitlichen Auftritt der Förderstellen. "Das vom Rechnungshof angeregte Filmförderungsportal, also ein Internetauftritt für alle Stellen, ist durchaus sinnvoll. Ebenso der Vorschlag einer zentralen Filmdatenbank mit allen Infos zu den geförderten Filmen.“

Die RH-Kritik zeigte jedenfalls schon erste Wirkung: Dem ÖFI wurde vorgeworfen, der Aufsichtsrat habe die Förderentscheidungen über Festival- und Kinoauswertung von Filmen direkt ÖFI-Chef Roland Teichmann übertragen. "Dabei handelt es sich um Filme, die in der Herstellung bereits vom ÖFI gefördert wurden, und die Förderungen zur Auswertung hatte der Aufsichtsrat an mich delegiert, damit die Entscheidungen schneller getroffen werden können“, sagt Roland Teichmann. "Jetzt ist es eben wieder so, dass die Antragsteller länger warten müssen, weil die Projekte erneut durch die Projektkommission müssen.“ Auch der eingeführte Stoffentwicklungsbeirat, den es im Gesetz nicht gibt, sollte Entscheidungen beschleunigen. Doch auch hier gilt nun: Bitte warten.

Dass der RH zu viele Branchenmitglieder im Aufsichtsrat des ÖFI, und somit die Gefahr von "Interessenskonflikten“ ortete, sei hingegen nicht zu ändern. Teichmann: "Das stimmt, aber genau so steht es im Gesetz.“ Dass auch in den Projektkommissionen, jene Gremien, die über die Förderungsvergabe entscheiden, durchwegs Filmleute sitzen, läge in der Natur der Sache, meint Regisseurin Sabine Derflinger, Mitglied der Projektkommission: "Wer sonst soll diese Entscheidungen treffen? Beamte? Es gibt keine bessere Lösung. Schließlich fördern wir keine Filme für uns selbst, sondern treffen Entscheidungen unabhängig von persönlichem Geschmack und Befindlichkeiten.“

Ebenfalls kritisiert wurde vom RH die mangelnde Zieldefinition bei vom ÖFI geförderten Filmen. Teichmann: "Die Frage ist aber, wie man Erfolg für eine Kulturförderung definieren will.“

Roland Teichmann liest aus dem RH-Bericht grundsätzlich weniger Kritik für den Bund, als vielmehr für die Länder heraus. "Dort gibt es oft doppelte Strukturen, weil zwischen Kunst-Projekten und Tourismus-Werbung unterschieden wird“. Die Zuständigkeiten lägen dann bei unterschiedlichen Politikern - realpolitisch seien solche Konstrukte nur schwer zu vereinfachen.

Bloß eine Schreibtisch-Sicht?

Die CineTirol ist eine jener Landesförderstellen, die im RH-Bericht gut wegkommt. "Wir freuen uns, dass wir als einzige Filmförderung laut RH ganz konkrete Ziele formuliert und auch erreicht haben“, sagt CineTirol-Leiter Johannes Köck. Klar ist: Da die CineTirol unter dem Dach der Tirolwerbung sitzt, ist ihr Fokus stark auf touristische Auswertungen ausgerichtet. Etwas, was in Zahlen messbar, und daher für den RH positiv zu bewerten ist. "Seit 1998 holten wir 300 Produktionen nach Tirol, darunter 70 aus Indien“, berichtet Köck. Der touristische und wirtschaftliche Effekt für Tirol ist enorm.

Das ist letztlich der Grund, weshalb der RH-Bericht auch ein wenig am Ziel vorbei schieße, meint ÖFI-Chef Teichmann: "Der Bericht hat eine Schreibtisch-Sicht. Er will alles zählen, wiegen und messen.“ Nachsatz: "Bei Kunst und Kultur geht das aber nicht.“

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