Der Regierung gefällt der harte ORF-Sparkurs

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Generaldirektor Alexander Wrabetz fährt im ORF einen harten Sparkurs. Die Politik nimmt daher den Druck auf die ORF-Führung zurück. Doch der Betriebsrat blockt und droht. Leitende ORF-Journalisten unterschreiben für einen unabhängigen ORF. Dem fehlen zunehmend Werbeerlöse und Gebühren, über deren Refundierung die Koalition nicht einig wird.

Vorteil Wrabetz: Seit vier Wochen verhandelt der ORF-General über sein am 2. April vorgelegtes Struktur- und Strategiekonzept, und er scheint langsam Terrain zu gewinnen sowie politisch Punkte zu sammeln. Es sind exakt 99 Einzelmaßnahmen, die den ORF auf Sparkurs bringen sollen. Gegenüber der Regierung hat sich Wrabetz, wie im Kanzleramt zu vernehmen ist, damit eine Atempause verschafft, im Betriebsrat aber einen erstarkten Gegner erhalten. ORF-Sanierung in Zeiten der Krise bedeutet Einsatz an vielen Fronten.

Relative Ruhe herrschte am Montag abend nach harten Ansagen am Frontabschnitt Finanzausschuss. Das von Wrabetz geschnürte "Paket 250" bedeutet, dass der ORF durch Pensionierungen eben 250 Dienstposten einspart. Mit 30. Juni 2010 soll keiner der ORF-Mitarbeiter mehr über sein Pensionsalter hinaus im Unternehmen arbeiten. Dazu kommen weitere 190 Dienstverhältnisse, die durch "Golden Handshakes" gelöst werden. Macht in Summe 440 Posten weniger aus, löst aber nicht alle Probleme am 400 Millionen Euro schweren Personaletat des ORF. Klar befragt, ob das alles sei, antwortete Wrabetz Montag abends im Finanzausschuss: "Möglicherweise reicht das nicht."

Das könnte stimmen, denn dem ORF laufen nicht nur die Ausgaben für Personal, Rechte und Produktionen davon, sondern es fehlen Erlöse aus Gebühren, Finanzerträgen und Werbung. Eine klare Folge der gegenwärtigen Wirtschaftskrise. Bereits im ersten Quartal liegen die Einkünfte aus Werbung um fünf Millionen Euro unter den Planungen. Ohne gegensteuernde Maßnahmen bedeutet dies aufs Jahr rund 20 bis 30 Millionen Mindererlöse aus Werbung, mit der das Radio-, Fernseh- und Online-Unternehmen 2007 noch rund 300 Millionen Euro einnahm. Davon kann die Geschäftsführung heute nur noch träumen. Denn der zitierte Finanzplan sieht für 2009 im Vergleich nur noch Werbeerlöse von 253 Millionen Euro vor, also ein Sechstel weniger als noch vor zwei Jahren. Was auch damit zu tun hat, dass rund 300 Millionen Euro Werbegelder für die österreichischen Programmfenster an TV-Sender in Deutschland abfließen.

Weil zudem Gebühren wegbrechen und die Refundierung ausbleibt (siehe unten), verschärft die Wirtschaftskrise mit folglich fehlenden Finanzerträgen die Situation. Der ORF war, nach manchen Angaben seit 1994, nach anderen seit 1998, nicht mehr in der Lage, ohne besondere Erträge - gemeint sind Erlöse aus Finanzveranlagungen - ausgeglichen zu bilanzieren: "Der ORF ist strukturell unterfinanziert", sagt Kommunikationschef Pius Strobl richtigerweise. Doch mit der Finanzkrise sind diese Erlöse ausgeblieben, weshalb zwischen Einnahmen und Ausgaben trotz des Sparkurses eine große Lücke klafft, die 2009 einen hohen zweistelligen Millionenbetrag erreichen wird.

Nach Regierung, Unternehmensführung und Publizistik greift auch die Belegschaft des ORF zum Mittel politischer Mobilisierung. Weil die Einsparungen beim Personal über die bisher ankündigten hinausgingen, will der Zentralbetriebsrat bei seiner für nächste Woche angesetzten Klausur über Kampfmaßnahmen beraten. Und weil das von der Koalition angekündigte neue ORF-Gesetz weitere Personalspekulationen auslöste, bildeten Journalisten und Redakteure die Plattform SOS ORF. Sie verlangen ein Ende der parteipolitischen Einflussnahme auf den ORF und eine wirtschaftliche Basis für das Unternehmen, welches ihm Unabhängigkeit von der Politik verschafft.

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