Der Strom hat ein Mascherl

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Erneuerbare Energieformen werden auch für die Schwellenländer von heute immer wichtiger.

Ich bin nicht dafür, dass Betriebe und Konsumenten mehr für Strom zahlen müssen, nur damit andere ihre Windräder aufstellen und Gewinne machen können", sagte WKÖ-Präsident Christoph Leitl im Rahmen eines Kamingespräches in Alpbach. Und Umweltminister Josef Pröll brachte in der abschließenden "Elefantenrunde" am letzten Tag der Reformgespräche das Dilemma auf den Punkt: "Jeder will die Umwelt schützen und das Klima retten, aber niemand will dafür bezahlen."

Wenn man sich selbst in einer entwickelten Volkswirtschaft wie in Österreich nicht klar auf ein nachhaltiges energiepolitisches Ziel einigen kann, so stellt sich die Frage, wie dies in Schwellen- und Entwicklungsländern möglich sein soll, wo viele Menschen noch hungern und der Kampf gegen die Armut vordringlicher erscheint, als der Umweltschutz.

Global Lösungen finden

Dass es zu einem Paradigmenwechsel in Sachen Energie in den industrialisierten Ländern wie in den Schwellen- und Entwicklungsländern kommen muss, zeigt der Umstand, dass 2020 mehr CO2-Emissionen von den "Emerging Markets" ausgestoßen werden als von den heutigen Industrienationen. Sicher, es kommt auch immer auf den Pro-Kopf-Ausstoß an, aber es ist nicht mehr zu leugnen, dass in Sachen Klimaschutz die entwickelten Länder mit den Entwicklungs- und Schwellenländern zusammenarbeiten müssen.

Eines gilt in Sachen erneuerbarer Energie in Österreich wie in den so genannten Emerging Markets: Der Preis bestimmt, welche Art von Strom aus der Steckdose kommt. Dieser Meinung ist auch Arno Kolbitsch von der Bertsch Holding, die in den Bereichen Nahrungsmittel-, Fleischerei- und Energietechnik tätig ist. Kolbitsch geht soweit und spricht von einer Aufbruchsstimmung und gibt zu, dass das Wohl und das Wehe von alternativen Energieformen zum überwiegenden Teil von den politischen Rahmenbedingungen abhängt, also von fixen Einspeistarifen. Die sind in Österreich im Ökostromgesetz geregelt, das im kommenden Herbst einer neuerlichen Korrektur unterzogen werden soll. Bezeichnend für das Problem in Österreich war eine Wortmeldung von Johannes Trauttmansdorff, der mit seiner Firma "ImWind" im Bereich erneuerbare Energien tätig ist, der meinte, dass das meiste Geschäft im Ausland zu machen ist, weil es in Österreich keinen Heimmarkt gibt. Die Gesetzeslage sei hierzulande nicht gut genug, da sehe es in Deutschland viel besser aus.

Vorbild Deutschland

Am Podium des Arbeitskreises über die "dezentrale erneuerbare Energieversorgung in Emerging Markets" war man sich darüber nicht einig, ob es in Österreich nun einen ausreichenden Heimmarkt gibt, der Umwelttechnologieunternehmen im Land hält, oder nicht. Robin M. Welling, Gesellschafter des Sonnenkollektorenerzeugers Teufel & Schwarz aus Söll/Tirol berichtete, dass sein Unternehmen einen starken Heimmarkt hat und auch nur so groß werden konnte. Kolbitsch räumte aber ein, dass es seine Firma ohne den deutschen Markt nicht geschafft hätte, so groß zu werden. Allein Gerhard Bachmann gab an, dass Österreich kein Markt für die Bachmann Holding aus Feldkirch ist, die unter anderem die softwaregestützte Steuerung von Windparks anbietet.

Der Begriff Emerging Market lässt sich im Bereich der erneuerbaren Energieformen weit fassen, so sind für Welling 25 der 27 EU-Staaten Schwellenländer, die es noch zu bearbeiten gilt. Diese Länder seien auch nicht zu weit entfernt, um für ein kleines und mittleres Unternehmen (KMU) uninteressant zu sein. Indien oder China sind für Welling bereits zu weit entfernt, diese Länder müssen von Konzernen wie Genereal Electric bearbeitet werden, da diese die Möglichkeiten von KMU übersteigen. Auch Kolbitsch betrachtet die EU im Bereich der Biomasse als Emerging Market. Für Bachmann ist der Markt für Windenergie auf dem Festland in der EU allerdings bald gesättigt. Anders sieht es für vor Küsten vorgelagerte Windparks aus.

Vor allem punkten österreichische Unternehmen mit ihrem Know-how, und hier mahnt Bachmann zur Vorsicht bei der Auswahl des Geschäftspartners, denn in China und Indien sind die Menschen genauso gut ausgebildet wie in Österreich. Ohne Partner ist eine Expansion in Schwellenländer aber für KMU allein schon aus finanziellen Gründen nicht machbar. Hier bietet die Österreichische Kontrollbank im Rahmen des Ausfuhrförderungsgesetzes Kreditsicherungen an, sollte ein Geschäft im Ausland platzen. Die Firmen bezahlen dafür eine Risikoprämie, die sich am politischen und wirtschaftlichen Risiko des Geschäftes orientiert.

Politik muss handeln

Andris Piebalgs, EU-Kommissar für Energie, ging zum Schluss der Reformgespräche auf die Rolle der Politik bei der Sicherung der Energieversorgung ein. Es ist, so Piebalgs, die Pflicht der Politik zu handeln, wenn es noch keine Probleme gibt. Doch gerade das ist die Schwierigkeit, vor der die Industriestaaten stehen, denn noch gibt es genug Öl und Gas, es ist schwer, den Menschen bereits heute verständlich zu machen, dass es drastischer Maßnahmen bedarf, um die Auswirkungen des Klimawandels abzuschwächen, bzw. die Energieversorgung auch noch in 30 Jahren sicherstellen zu können. Piebalgs gibt auch zu, dass es keine einfachen Lösungen geben wird, um die Welt in Zukunft mit Energie versorgen zu können. Vor allem braucht es einen funktionierenden Energiemarkt, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Staaten der EU sollen laut Piebalgs nicht die Energie-Märkte unter ihre Kontrolle bringen, sondern zur Förderung eines gesunden Marktes beitragen.

Dauerbrenner Steuerreform:Pröll und Leitl verständigten sich am Ende der "Elefantenrunde" darauf, dass bei den kommenden Reformgesprächen in Alpbach auch Ansätze für eine ökologische Steuerreform diskutiert werden könnten.

Energie in Zahlen

• Der Weltenergiebedarf wird 2030 um 60 % höher liegen als heute. Davon werden 80 % fossiler Energie zugerechnet.

• Heute leben 1,6 Milliarden Menschen ohne Elektrizität (50 % davon in Indien und China).

• Um 20 % der CO2-Emissionen bis 2030 einsparen zu können, müssen 2/3 der Maßnahmen in die Energieeffizienz fließen und 1/3 in erneuerbare Energieformen.

• Erneuerbare Energie kann max. 50% des globalen Energiebedarfs decken.

Wer kann und wird für die saubere Energie von morgen zahlen?

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