Der Sturschädel aus Oberösterreich

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Welche Sitten reißen bei uns ein. Das darf ja alles nicht wahr sein! Da darf so ein Sturschädel aus Oberösterreich in Wien Generalmusikdirektor des wichtigsten Opernhauses der Welt werden und zum Dank dafür benimmt er sich so völlig daneben. Bekommt eine tolle Gage, wird von allen schon wegen seines Titels hofiert, darf die schönsten Opern mit dem weltbesten Orchester dirigieren und dann wirft er zu Spielzeit-Beginn das Handtuch und macht dem Direktor die allergrauslichsten Schwierigkeiten.

"Reisende soll man ziehen lassen", schrieb mit erhobenem Zeigefinger der für seine Meinungsvielfalt allseits bekannte Musikfachmann einer großformatigen Tageszeitung. Ist auch wirklich eine Zumutung, dieser Franz Welser-Möst. Wollte mitreden bei Besetzungen, sich einmischen in den Spielplan, den Alltagstrott eines gut ausgelasteten Hauses mit seinen persönlichen Vorstellungen durcheinanderbringen. Wie kann einer so undiplomatisch sein und auf seine vertraglich zugesicherten Rechte bestehen? Wozu klare Verhältnisse einfordern, Dinge beim Namen nennen. Begnügen wir uns doch mit dem, was übrig ist vom einstigen Glanz und geben wir uns der hier so verbreiteten und erfolgversprechenden Harmoniesucht hin. Wursteln wir weiter gemeinsam dahin, ganz im Sinn unserer verkrusteten und völlig überholten Systeme. Nur nichts ändern, nichts riskieren, den Mund halten und sich die Taschen vollstopfen.

Franz Welser-Möst hat seinen Rückzug übrigens bereits im April angekündigt. Sehr unösterreichisch hat er eine Entscheidung getroffen und sehr österreichisch lässt man ihn ziehen. Er möchte sich "in der Früh im Spiegel anschauen können, ohne sich genieren zu müssen". Der unbequeme Weg, den er sich ausgesucht hat, ist nur gut für seine Karriere. Die internationalen Angebote trudeln bereits ein. Der oberösterreichische Sturschädel muss nur zugreifen.

Der Autor ist Kulturmoderator beim Privatsender ATV

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