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Die Salzburger Osterfestspiele schmieden den "Ring des Nibelungen" mit dem Vorabend "Das Rheingold" szenisch undramatisch und musikalisch überwältigend.

Riesig füllt der dunkle Kopf des Gottes die gesamte Bühne aus. Intensiv grün leuchtet nur das linke Auge, während das rechte schwarz ist. Vorne schläft Wotan auf Stühlen in einem kahlen Raum: Ein visuell beeindruckender Moment.

Als einen Traum des Gottvaters versteht Stéphane Braunschweig den Vorabend des Ring des Nibelungen von Richard Wagner bei den Salzburger Osterfestspielen, exakt 40 Jahre nach deren Gründung und dem Start des Endzeitdramas unter Herbert von Karajan. Bei dieser Koproduktion mit dem Festival von Aix-en-Provence dürfte Braunschweig Wagners Schilderung inspiriert haben, wonach ihm der Anfang von Rheingold im Traum eingefallen sei.

Der Regisseur und Bühnenbildner zeigt im Großen Festspielhaus viele Videoprojektionen: Das Wasser des Rheins, das Feuer des Loge, die Lava von Nibelheim, den gleißenden Schein des Rheingolds und die riesige Schlange.

Die immer aktuelle Geschichte von Macht, Geld und Liebe wird entmystifiziert, die Götter vermenschlicht und in heutige Anzüge (Thibault Vancraenenbroeck) gesteckt. Nüchtern und grau ist der Einheitsraum mit nur einem Fenster, wo am Ende die Rheintöchter (Makellos: Sarah Fox, Victoria Simmonds und Ekaterina Gubanova) ihre Klage über den Verlust des Goldes anstimmen. Zugegeben, seine Version besticht durch Verständlichkeit. Nur nimmt der Minimalismus, die Nüchternheit und die Statik viel von der Poesie aber auch der Dramatik von Wagners "Opus summum". So nehmen die ohne Ideen inszenierten Schlüsselszenen, wie beim Schreiten der Götter nach Walhall am Ende, kaum gefangen.

Zudem besitzt Sir Willard White, vielleicht gewollt, wenig "göttliche" Präsenz, sein Wotan klingt zwar edel, aber manchmal angestrengt. Robert Gambill ist ein androgyner, exzentrisch gezeichneter, stimmlich idealer und wortdeutlicher Loge im Glitzermantel. Stimmgewaltig hört man Detlef Roth als Donner sowie mit schönem Tenor Joseph Kaiser als Froh. Wohlklingend ist der Sopran der Lilli Paasikivi als Fricka, schön phrasiert Annette Dasch als Freia. Die Riesen wirken mit ihren Aktenkoffern wie Geschäftspartner und werden voluminös durch Iain Paterson (mit auffallend warmem Timbre) und Alfred Reiter dargestellt. Dale Duesing spielt den Alberich zwar eindrucksvoll, ihm fehlt es aber an Wortdeutlichkeit und Kraft. Eine exemplarisch intensive Charakterstudie liefert Burkhard Ulrich als gequälter Mime. Bei ihrem Kurzauftritt singt Anna Larsson die Erda phänomenal.

Den absoluten Gegensatz zur Szene findet man im Graben: Geheimnisvolle Klänge aus dem Nichts, schlanke, kammermusikalische Durchsichtigkeit, herrlich lyrische Momente von größter Kantabilität. Und Sir Simon Rattle, der mit dem Duktus dieser herrlichen Musik immer mitatmet, weiß bei den mit größter Präzision musizierenden Berliner Philharmonikern mit rein suggestiver Zeichengebung enorme Spannungsbögen aufzubauen, auszureizen und Klangmassen aufzupeitschen.

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