Der Traum frißt seine Kinder

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Arthur Millers "Tod eines Handlungsreisenden" hat uns gerade heute viel zu sagen.

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Arthur Millers "Tod eines Handlungsreisenden" hat uns gerade heute viel zu sagen.

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Die Nummer 1 sein, beliebt sein, große Geschäfte machen, Erfolg und Geld haben, die Konkurrenten und die Frauen aufs Kreuz legen - das sind die Dinge, die dem Handlungsreisenden Willy Loman etwas bedeuten, das sind die Werte, die er seinen Söhnen Biff und Happy mitgibt. Nie würde er sich oder den Söhnen eingestehen, daß seine eigenen Erfolge höchst bescheiden sind, gilt es doch, es seinem Bruder Ben gleichzutun, der einst mit 17 Jahren in den Dschungel ging und mit 21 als reicher Mann wieder herauskam.

Aber die Lebenslüge platzt, der amerikanische Traum frißt seine Kinder: der 63jährige Loman (er könnte ein Bruder der Amanda Wingfield in Tennessee Williams' "Glasmenagerie" sein) wird von seinem jungen Chef entlassen und sucht den Tod in einem Autounfall, damit seine Familie die Lebensversicherung erhält.

Im Wiener Theater in der Josefstadt haben Regisseur Helmut Griem und Ausstatter Ezio Toffolutti Arthur Millers Stück "Tod eines Handlungsreisenden" aus dem Jahr 1949 in der Entstehungszeit belassen, was kein Fehler ist. Daß die Thematik des Werkes - "Gewisse Privatgespräche in zwei Akten und einem Requiem" - in Europa heute noch aktueller und näher als damals ist, daß Amerika uns inzwischen mit seinen "Träumen" und "Werten" überrollt hat, daß Arbeitnehmer in immer jüngeren Jahren zum "alten Eisen" zählen, bedarf keiner Betonung. "Ein Reisender braucht Träume" wird zum Schluß an Willy Lomans Grab gesagt, und wir dürfen uns als Lomans Mitträumer und Mitreisende durch das Leben fühlen, hoffentlich aber mit ein wenig mehr Sinn für die Realität.

Helmuth Lohner (Willy Loman) legt sich in der Hauptrolle mächtig ins Zeug und wird von Szene zu Szene stärker, obwohl der sich ständig ins Wolkenkuckucksheim flüchtende und seine vorgeblichen Erfolge bejubelnde Träumer diesem bekannt selbstkritischen Schauspieler nicht gerade auf den Leib geschrieben ist.

Glanzlichter setzen Christine Ostermayer in der Rolle der mitleidenden Ehefrau (Linda) und Hakon Hirzenberger als sensibler, gescheiterter Sohn (Biff). Neben Alexander Lutz (Happy), wenigstens als Frauenheld im Sinn seines Vaters erfolgreich, und Eugen Stark (Charley), Lomans einzigem Freund, bietet auch das übrige Ensemble respektable und bei der Premiere reichlich mit Applaus bedachte Leistungen.

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