Der verrückte Fremde

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Im Film "Gadjo dilo" ist die Musik wichtiger als die Sprache.

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Im Film "Gadjo dilo" ist die Musik wichtiger als die Sprache.

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Als der junge Franzose leicht verkatert im Haus des alten Roma aufwacht, diskutieren die Nachbarn bereits heftig, wie er dort hingekommen sein könnte und was er denn hier wolle, dieser "Gadjo dilo", dieser verrückte Fremde. Lautstark werden Vermutungen darüber ausgetauscht, was er angestellt haben könnte. Hat er vielleicht die Tasche voller Hühner?

Der Franzose verteilt freundlich lächelnd sinnlose Bemerkungen in seiner Muttersprache. Er versteht weder Romani noch Rumänisch. Auf der Suche nach Nora Luca, der Sängerin des Liedes, das sein Vater vor seinem Tod ununterbrochen zu hören pflegte, ist er - ausgerüstet mit einem Aufnahmegerät und Stapeln von Kassetten, aber ohne Wörterbuch - bis in in diesen entlegenen Winkel der Walachei geraten. In dieser Gegend findet er zwar keine Nora Luca, aber Musik, nach anfänglichem Mißtrauen rührende Gastfreundschaft und eine Geliebte in Gestalt der Zigeunerin Sabina (Rona Hartner), deren Wildheit und Freiheitsdrang ihn von Anfang an faszinieren. Sie ist auch die einzige, die seine Sprache versteht.

Musik ist aber im allgemeinen wichtiger als Sprache in "Gadjo dilo", dem neuen Film des algerisch-französischen Regisseurs Toni Gatlif. Kommunikation besteht oft nur aus fremdartigen Lauten, die nicht viel mehr bedeuten sollen als gegenseitige Akzeptanz. Izidor lernt vereinzelte französische Brocken, während Dorfjungen dem Fremden vulgäre Sätze vorsprechen, die er lachend wiederholt, ohne sie zu verstehen. Es wird viel gelacht, getanzt und getrunken, aber auch geklagt über Tod und Unrecht.

Abgesehen von den beiden Hauptdarstellern wurde der Film ausschließlich mit Laienschauspielern realisiert, die sich mehr oder weniger selbst spielen. Lebendigkeit, Lebensfreude und grelle Farben kontrastieren mit karger Landschaft und ärmlichen bis trostlosen Behausungen. Der Zuschauer läßt sich mitreißen im Strudel der Bilder und Töne und lebt für eineinhalb Stunden mitten in der Kultur der Roma.

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