Der Wiener Wald, schräg und glatt, mit einem Loch in der Mitte

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Das Schauspielhaus Salzburg zeigt Ödön von Horváths "Geschichten aus dem Wiener Wald“ in einer eleganten, zeitlosen Inszenierung, weit weg von Donau, Wiener Wald und Wachau, als dunkle und böse Geschichte.

Man ist und bleibt allein.“ Oskar, der Fleischer, hat diesen Satz in Ödön von Horváths "Geschichten aus dem Wiener Wald“, zurzeit zu sehen im Schauspielhaus Salzburg. Man sage nicht, der Existentialismus spiele keine Rolle mehr. Genau der zitierte Satz zieht den existentialistisch-humanistischen Strang, der von der ehemaligen Elisabethbühne gepflegt wurde, weiter.

"Man ist und bleibt allein.“ Eben dieser Oskar, dem der Frauenheld Alfred die Braut Marianne ausspannt, eben diese Marianne, die als Nackttänzerin den Unterhalt für sich und ihr Kind erarbeiten soll, das dann bei der Großmutter zu Tode gebracht wird - nicht nur diese beiden bleiben allein.

Diese böse Geschichte, diese ungeheuerliche, österreichisch grundierte, kleinbürgerliche Menschengeschichte aus Lug und Trug, Hass und Selbsttäuschung ist immer ein Theaterereignis. Vor allem durch Schauspieler wie Helmuth Qualtinger hat sie sich ins Gedächtnis eingebrannt. Aber man muss mit der Erinnerung vorsichtig umgehen; vielleicht haben diese Ausnahmeerscheinungen auf der Bühne nur ihre negative Seite nach außen gekehrt und deshalb so überzeugt.

Geschäfte als Nachtkastln

Im Schauspielhaus Salzburg hat sich Rudolf Frey für seine Inszenierung eine leicht schräge, glatte Bühne mit einem Wasserloch in der Mitte bauen lassen, weit weg von Donau, Wiener Wald und Wachau. Es ist eine elegante, zeitlose Inszenierung geworden. Die dunklen bis schwarzen Kostüme korrespondieren mit der Schwärze des Stücks. Die Läden des Zauberkönigs, der Trafikantin und die Metzgerei werden von ihren Besitzern als umgebaute Nachtkastln wie Koffer nachgezogen.

Das "Wiener Volksstück“ ist zu einem heutigen, den unbarmherzigen gesellschaftlichen und sozialen Umständen verpflichteten Stück geworden: "Etwas wollen“ gibt es nicht, nur "etwas müssen“ - und das nicht aus Liebe. Horváth selbst meinte, er habe "kein anderes Bestreben […] als die Welt so zu schildern, wie sie halt leider ist.“ Erich Kästner sekundierte ihm: "Er zerstörte nicht nur das überkommene Wiener Figuren-Panoptikum, er gestaltete ein neues, echteres, außerdem.“

Und das erhält man von Freys Regie vorgesetzt. Eine großzügig leidende Marianne von Constanze Passin, eine unheimlich bösartige Großmutter von Daniela Enzi, einen noch immer an seiner verstorbenen Mutter hängenden Oskar von Oliver Hildebrandt - bei ihnen allen kann man wichtige Unter- und Zwischentöne hören. Dazu kommen der nicht ganz so überzeugende Alfred von Albert Friedl, Georg Reiter als eher gutmütiger Vater Mariannes und Zauberkönig sowie die kokette Valerie der Elke Hartmann.

Weitere Termine

11., 12., 16., 17., 21.-23., 26., 30. Mai

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