"Der Wind hat Priorität"

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Wilfried Klauss und Klaus Steiner, Gründer und leitender Mitarbeiter der Alpen Adria Energie (AAE), im Gespräch über den Alltag eines unabhängigen Naturstromanbieters.

Die Furche: Wie gestaltet sich der Alltag eines kleinen Naturstromanbieters? Ist der wirtschaftliche Wettbewerb vergleichbar mit dem Kampf David gegen Goliath?

Wilfried Klauss: Wir sind sicher ein kleiner Anbieter, doch wir bieten zu hundert Prozent Energie aus der eigenen Erzeugung an, somit sind wir auf der Produktseite autark. Wir haben aber insofern Nachteile gegenüber den großen Anbietern, als dass wir nicht über gleich große Werbebudgets verfügen. Wir können uns daher nicht entsprechend am Markt bemerkbar machen. Doch in puncto Leistungsfähigkeit haben wir keine Probleme.

Die Furche: Der liberalisierte heimische Strommarkt gibt den Konsumenten die Möglichkeit, den Stromproduzenten frei zu wählen. Sind hier die kleinen Anbieter im Nachteil?

Klaus Steiner: Es gibt keine Diskrepanzen beim Wechsel. Natürlich stellte der freie Strommarkt für die ehemaligen Monopolisten eine neue Situation dar. Gut organisierte Marktregeln bringen den Kundenwechsel auf Schiene und garantieren einen nahtlosen Wechsel.

Die Furche: Wie kommen nun Neukunden zu Ihnen, wenn der Wechsel zwar einfach ist, Ihr Werbebudget aber keine großen Kampagnen zulässt?

Klauss: Wir gewinnen unsere Neukunden zu 90 Prozent durch Mundpropaganda. Das sind Menschen, die wissen wollen, woher ihr Strom kommt. Heute betreibt die AAE mehrere Wasserkraftwerke, eine Biogasanlage, Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Neu ist auch eine Beteiligung an einem Windpark in Niederösterreich von der Ökostrom-Energie Wolkersdorf.

Die Furche: Stichwort Ökostromgesetz: Viele Betroffene jammern, dass die Novelle 2006 eine Verschlechterung brachte, und man erwartet, dass die neuerliche Novelle auch keine großen Sprünge in Sachen Ökostrom-Ausbau zulassen wird. Was halten Sie vom Ökostromgesetz?

Klauss: Wir investieren in vielen Ländern Europas, somit haben wir einen Überblick über einige Ökostrom-Förderrichtlinien. Leider müssen wir feststellen, dass in Österreich die ungünstigsten Bedingungen vorherrschen. Durch den Boom am Energiesektor im Hinblick auf die Verknappung der Ressourcen sind auch die Kosten für den Bau von Wasserkraftwerken, Windkraft- und Biomasseanlagen saftig gestiegen. Dadurch ist mit dem derzeitigen heimischen Ökostromtarifen der Bau eines Kleinwasserkraftwerkes oder einer Windkraft-, bzw. Biomasseanalge fast ein wirtschaftlicher Selbstmord. Eine vernünftige Novelle des Ökostromgesetzes vor allem im Bereich der Biomasse ist dringend notwendig. Denn innerhalb eines Jahres kam es hier zu bis zu hundertprozentigen Steigerungen bei den Rohstoffpreisen wie Mais oder Gras.

Die Furche: Das heißt, auch Sie setzten verstärkt auf die Biomasse?

Klauss: Nein, unsere firmeninterne Prioritätenliste sieht folgendermaßen aus: Zuerst Wind- und Wasserkraft, in Zukunft gesellt sich auch verstärkt die Sonnenenergie dazu, und dann erst - und mit gewisser Vorsicht - die rohstoffabhängigen Biomasse-Anlagen. Die Energiegewinnung aus Biomasse ist zwar sehr wichtig, aber begrenzt durch die Rohstoffreserven eines Landes. Weiters halte ich nichts vom Rohstoffzukauf für Biomasse-Anlagen im Ausland, da die Transportkosten die Gewinne auffressen.

Die Furche: Sie glauben also eher an eine strahlende Zukunft?

Klauss: Die Photovoltaik wurde bislang stiefmütterlich behandelt, doch es ist die Energieform mit dem größten Wachstums-Potenzial. Die Annäherung an diese Zukunft muss allerdings schrittweise erfolgen, da die Fördermittel nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen. Die derzeitige Fördersituation ist allerdings ganz klar ein Hemmschuh.

Die Furche: Der Ökostrom braucht Förderungen, wird er je konkurrenzfähig werden?

Steiner: Zu Beginn ist eine Förderung unablässig, aber auch Ökostromanlagen amortisieren sich und sind dann wettbewerbsfähig - ganz ohne Fördermittel.

Die Furche: Das müssen die Konsumenten aber auch wollen …

Steiner: Wir bemerken einen Hype, da die Menschen bewusster mit der Umwelt umgehen. Die Kunden begreifen heute, dass sie den Grad der Umweltverschmutzung mitsteuern können. Und viele unserer Kunden sind bereits selbst Stromproduzenten geworden. Das werden wir forcieren, denn die Zukunft liegt in einem Mix aus eigenen erneuerbaren Energieträgern wie zum Beispiel einer Photovoltaik- und einer thermischen Anlage am Dach, ergänzt durch den Bezug von Naturstrom durch einen Lieferanten.

Das Gespräch führte Thomas Meickl.

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