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Ende des letzten Jahres teilten uns einige Medienplauderer mit, dass ihnen das Mozart-Jahr 2006 jetzt schon auf den Geist gehe. Als dann im Mai Sigmund Freuds 150. Geburtstag gefeiert wurde, kamen einige der abgedroschensten Vorurteile gegen die Psychoanalyse wieder zum Vorschein. Rechtzeitig zum 400. Geburtstag des holländischen Malers schrieb die deutsche Tageszeitung Die Welt auf der Titelseite: "Rembrandt - Warum er ein unfähiger Maler war".

Wer am Spott über Berühmte schmarotzen will, kann sich an jeder Wirtshausschank ereifern. Das Volksschüler-Schema: wir machen unsern Lehrer lächerlich, indem wir ihn uns in der Unterhose vorstellen, funktioniert aber auch in den Medien. Auf diesem Niveau schluderte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung schon vor dem 14. August: "Unsere ersten fünfzig Jahre ohne Bertolt Brecht: Was gibt es da zu feiern?" Der Feuilletonchef zieht den deutschen Autor runter, als wetteifere er, vierzig Jahre verspätet, mit Friedrich Torberg und Hans Weigel. Natürlich wird von Brechts Texten keine Notiz genommen, mit einer Ausnahme, seinem erfolgreichsten Werk, der "Dreigroschenoper", aber auch die sei ja "als Stück ein Debakel."

Ingeborg Bachmann wusste es besser: "Brecht hat teilgenommen an der Utopie, an dem vieltausendjährigen Virus gegen die schlechte Sprache." 1969 notierte sie: "Wenn es mit rechten Dingen zuginge, wäre Brecht der Volksdichter geworden, den jeder versteht, denn seine Tonfälle, seine Kehrtwendungen, sein makabrer Witz hätten ihm diese Auszeichnung verschafft, aber niemand liebt das Volk weniger als das Volk, das mit dem Volk soviel zu tun zu haben meint - es versteht seinen eigenen Witz nicht."

Der Autor arbeitet am Kulturforum der Österreichischen

Botschaft Berlin.

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