Des „Chefs“ engste Mitarbeiterin

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Wer nach seiner Emeritierung 1985 als Erzbischof von Wien mit Kardinal König zu tun hatte, hatte auch mit ihr zu tun: Annemarie Fenzl leitete fast 20 Jahre lang (so lange wirkte der überragende Kirchenmann auch in der „Pension“) das kleine Büro. Ein ganz kleiner Stab managte den Alltag des Kardinals. Vor allem Annemarie Fenzl strukturierte das enorme Arbeitspensum des alten Erzbischofs und stand dafür buchstäblich Tag und Nacht zur Verfügung. Auch am Totenbett Königs war Fenzl der gute Geist, der den Sterbenden begleitete, bis er in den letzten Wintertagen des Jahres 2004 verstarb.

Selbstredend, dass Annemarie Fenzl praktisch mit jenem 13. März 2004 begann, das Erbe des Kardinals auch in der Nachwelt präsent zu halten. Zwei Bücher hat sie dazu mit herausgegeben, das erste mit dem Untertitel „Gedanken für ein erfülltes Leben“, das sie gemeinsam mit FURCHE-Herausgeber Heinz Nußbaumer edierte, erschien bald nach Königs Tod – und wurde ein Bestseller. Das zweite, der nicht minder König-gemäße Untertitel „Anregungen für ein angstfreies Leben“, kam 2005 heraus. Außerdem rief sie das Kardinal-König-Archiv ins Leben und initiierte dessen Webseite www.kardinalkoenig.at.

Das Erbe Königs weitertragen

„Der Chef“ – so pflegt Annemarie Fenzl ihn heute noch zu titulieren, wenn sie über den verstorbenen Kardinal spricht. Und sie will, solange sie selber die Kraft dazu hat, das Erbe Königs für eine weltoffene Kirche in der Intention des II. Vatikanums weitertragen. Mag sein, dass dieses Engagement auch die Gefahr unkritischer Distanz in sich birgt. Aber Kardinal Königs engste Mitarbeiterin ist und bleibt seine wichtigste Anwältin. Und es gibt keinen Zweifel, dass Annemarie Fenzl sich eines Sinnes mit „dem Chef“ weiß, wenn sie dem überbordenden römischen Zentralismus wenig abgewinnen kann und mit Schmerz beobachtet, wie der derzeitige Mainstream an der Kirchenspitze das Konzil, das für König das „wichtigste Ereignis“ seines Lebens war, zu marginalisieren.

Die Tätigkeit für Kardinal Könige war und ist aber nur das eine Standbein. Die 1945 Geborene ist promovierte Historikerin. Seit 1976 leitet sie das Wiener Diözesanarchiv, ab 1985 eben in Personalunion mit der Arbeit für Kardinal König. Als oberste Historikerin der Erzdiözese ist Fenzl kaum zu ersetzen. Sie arbeitete etwa die Archivbestände der Kriegsjahre auf und wurde dabei zu iner der größten Kennerinnen von Kardinal Innitzer, dessen Verhalten im Dritten Reich sie „zu erklären, nicht zu entschuldigen“ sucht. Kaum ein Detail in der mehrhundertjährigen Wiener Diözesangeschichte ist ihr unbekannt. Wer dies „praktisch“ erleben will, dem sei eine Führung mit Annemarie Fenzl durch den Wiener Stephansdom anempfohlen, über den sie unerschöpflich Geschichte und Geschichten packend und unnachahmlich zu erzählen weiß. Dass dieses katholische „Energiebündel“ dieser Tage schon den 65. Geburtstag begeht, ist kaum zu glauben. Dem Gedenken an Kardinal König, aber auch der Aufarbeitung der Geschichte der Kirche von Wien ist zu wünschen, dass Annemarie Fenzl noch viele engagierte Jahre vor sich hat.

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