"Dichten ohne Rauchen? Unmöglich!“

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Zu einer Kulturgeschichte des Tabaks lädt die Schau "Im blauen Dunst. Tabak in der Kunst“ der Kunsthalle Krems im Forum Frohner ein. Die Exponate spiegeln nicht nur den jeweiligen Zeitgeist wider, sondern dokumentieren auch unterschiedliche persönliche Zugänge.

Begonnen hat die Kulturgeschichte des Rauchens 1492 mit der Entdeckung Amerikas. Gefolgsleute von Kolumbus berichteten nach Europa von Indianern, die Pfeife rauchten, Tabak schnupften oder kauten. Der Leibarzt des spanischen Königs Philipp II., Francisco Hernández de Toledo, ließ Tabak als Zierpflanze kultivieren. Der französische Gesandte in Portugal, Jean Nicot, schickte Mitte des 16. Jahrhunderts Tabaksamen nach Paris, wo Schnupfen bald zur Mode am Hof wurde. Um diese Zeit fanden auch niederländische Seefahrer Gefallen am Rauchen. Populär in Europa machten das Rauchen schwedische Soldaten während des Dreißigjährigen Kriegs. Später ermöglichten staatliche Tabakmonopole sichere wie große Einnahmen. Das ist mittlerweile Geschichte.

Jahrzehntelang galt das Rauchen als Zeichen kultivierten Lebensstils. Begleitet wurde es von medizinischen Warnungen, die naturgemäß Raucher und Nichtraucher unterschiedlich beurteilten. Selbst Anbau- und Konsumverbote wurden ausgesprochen. Den Erfolg solcher Maßnahmen kennt man.

Kolumbus’ Landung auf einem Pfeifenkopf

Die Palette des Themas Rauchen reicht vom Heil- und Genussmittel über das geistige Stimulans bis zur fanatisch verteufelten Droge. Allein daran zeigt sich seine Faszination. Das schlägt sich auch in der Kunst nieder - bis in die unmittelbare Gegenwart. Exponate über die Kunstgeschichte des Rauchens hat man hierzulande bereits 1873, anlässlich der Wiener Weltausstellung, zu sammeln begonnen. Bis dahin gehen die Anfänge der mittlerweile um die 7000 historische Objekte umfassende "JTO Tobacco Collection Vienna“ zurück, wie man nun in einer von Dieter Ronte und Sabine Fellner kuratierten Schau im Forum Frohner in der ehemaligen, unter Joseph II. säkularisierten Minoritenkirche im Kremser Stadtteil Stein erfahren kann.

Etwa am Beispiel einer Prunkpfeife, deren Pfeifenkopf die Landung von Kolumbus in Amerika kunstvollst abbildet, und die auch im Zentrum dieser Ausstellung platziert ist. Gleich daneben findet sich ein weiteres Prunkstück: Ferdinand Georg Waldmüllers "Der Pfeifenhändler im Kaffehaus“. Auch Kolo Moser, George Grosz, Tone Fink, Otto Muehl, Helmut Newton, Jörg Immendorf, Kiki Kogelnik, Florentina Pakosta, selbstverständlich Adolf Frohner sind mit Bildern oder Collagen hier vertreten, aus denen sich unschwer ablesen lässt, welchen Stellenwert Rauchen besessen hat.

In mehreren Vitrinen lassen sich besonders kunstvolle Pfeifenköpfe, Zigarrenspitzen, -bestecke und -etuis aus Österreich, Deutschland oder Russland bestaunen, die vom spezifischen Standard des Kunsthandwerks in diesem Genre beredtes Zeugnis ablegen. Ebenso ein Rauchertisch aus 1900 oder ein holländischer Tabaktopf aus 1800.

"Tiefen schöpferischen Geheimnisses“

Wie brachte es doch der Literat und einstige Burgtheaterdirektor Anton Wildgans um 1920 auf den Punkt: "Schreiben, dichten, arbeiten ohne Rauchen? Unmöglich!“ Sein heutiger Literatenkollege Herbert Rosendorfer kann diese Erfahrung, wie er zu Protokoll gibt, nur bestätigen: "Der Rauch, mit dem sich der Schriftsteller umgibt, wenn er schreibt, führt uns in die Tiefen des schöpferischen Geheimnisses hinunter.“

Inspirieren durch das Rauchen ließen sich, wie diese Exposition lehrt, nicht nur Dichter und bildende Künstler. Auch Musikern diente Tabak als Inspirationsquelle. Ein Beispiel dafür ist kein Geringerer als der Walzerkönig: Franz von Bayros hat jenes Ölgemälde geschaffen, das Johann Strauss Sohn in exzentrischem Rot gekleidet, mit passendem Hut und einer prächtigen Meerschaumpfeife zeigt. Man fühlt sich an Molière erinnert: "Wer ohne Tabak lebt, ist nicht würdig zu leben.“

Im blauen Dunst. Tabak in der Kunst

Kunst Halle Krems. Forum Frohner

bis 30. 9., täglich 11-17 Uhr

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