Dichters Krixelkraxel

Auf originellere Weise entstand selten ein Buch. Wenigstens kaum ein so köstliches. Peter Rühmkorf (wer ihn nicht kennt: Dichter!) bedenkt seine Freunde und besseren Bekannten seit langem mit Widmungen, Ansichtskarten, Briefen, Gelegenheitszeichnungen, schnell Hingedichtetem und Krixelkraxel aller Art, in Wort, Filzstift, Buntstift, Aquarell. Nun bat er sie alle, ihm dies und jenes davon als Farbkopie zurückzuschicken. Draus wurde ein Bildband, nein, eine Begegnung der unmittelbarsten Art. Spontanität - frisch wie eben aufgetaute Himbeeren aus dem Tiefkühler. Steckengebliebene Grüße aus der Vergangenheit. Münchhausen'sche Posthornklänge. Eine höchst private Nostalgiebombe, aus der nicht nur Privates spricht, sondern die gemeinsame Zeit Rühmkorfs, der jetzt 70 ist, seiner Freunde (die Freundinnen nicht zu vergessen) und seiner Leser.

Er zieht über Päpste her, römische wie literarische. Warum wohl hat er sich über Reich-Ranicki geärgert? Egal, richtig bös wird er offenbar nicht so leicht, bleibt immer höflich: "Daß ich Ihr Laudator war,/ wahrlich ich bedau'r es./ Wünsche Glück zum Neuen Jahr,/ denn dann gibt es Saures." Auch viele schöne Ansichtskarten hat er in das Buch übernommen, doch die können mit seinem Selbstgezeichneten nicht konkurrieren. Das Schönste an diesem Album sind aber die vielen Zeugnisse alter und weniger alter Freundschaften, die gereimten Grüße, doch schließen wir mit dem, was er sich selber wünscht: "Wünsch mir im Himmel einen Platz/ (auch wenn die Balken brächen)/ bei Bellmann, Benn und Ringelnatz/ und wünschte, daß sie einen Satz/ in einem Atem sprächen:/ Nimm Platz!" Für seine Verse über Heidegger ist hier leider kein Platz mehr. Ein unglaublich sympathisches Buch!

Von mir - zu euch - für uns. Von Peter Rühmkorf Steidl Verlag, Göttingen 1999, 224 Seiten, Ln., öS 423,-/E 30,74