Die digitale Gegenöffentlichkeit

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Warum nicht einfach totschweigen? Diese Frage galt wieder einmal Felix Baumgartner. Denn der Extremsportler fühlt sich von Idioten regiert, wie er via Facebook verkündet. Seine Fanpage dort "gefällt" 1,5 Millionen Personen. Das ist keine kleine Gegenöffentlichkeit. Zu groß zum Totschweigen.

Den Promi-Status verdankt Baumgartner aber nicht Facebook, sondern dem Patschenkino: Durch das Red-Bull-Projekt "Stratos" hat er Österreich 2012 die dritthöchste Seherzahl des Jahrtausends beschert. Seine 2,3 Millionen wurden nur 2002 von der Nationalratswahl (2,6 Mio.) und 2006 von Natascha Kampusch (2,55 Mio.) übertroffen. Diese paar Minuten televisionären Aufsehens haben den vom Himmel Gesprungenen zur Person jenes öffentlichen Interesses erhoben, von dem er heute noch zehrt.

Wenn ihn nun die Tagespresse aus Facebook hervorkramt, taugt das sowohl als Beispiel für die Zwangslage traditioneller Medien wie die Content-Schwäche der angeblich sozialen Netzwerke. Der Großteil ihrer Inhalte hat seinen Ursprung in Presse, Radio und Fernsehen. Umgekehrt berichten Zeitungen, Hörfunk und TV immer mehr über Vorkommnisse in Facebook, YouTube, Twitter.

Es sind also häufig Entwicklungen, die von den alten Medien selbst begründet wurden, dann aber über die digitalen Plattformen eine andere Eigendynamik entwickelt haben. Siehe Baumgartner: Erst Social Media ermöglicht die Verlängerung eines Status, den ihm sonst kaum noch ein Blatt oder Sender gewähren würde. Richard Lugners Online-Video-Aktivitäten zielen in die gleiche Richtung.

Facebook, YouTube und Twitter sorgen dafür, dass Presse, Radio und Fernsehen die Geister nicht mehr loskriegen, die sie riefen. Berichterstattung in den Massenmedien über Social Media ist aufgrund ihrer Popularität unvermeidlich. Doch jeder Artikel darüber ist auch ein Puzzlestein der Machtverschiebung.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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