Die Einheit in der Vielfalt

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Das MuseumsQuartier Wien feiert seinen 10. Geburtstag mit mehr als 200 Veranstaltungen und präsentiert sich zu diesem Anlass geeinter als jemals im Zuge seiner Geschichte.

Es war bei Weitem keine einfache Geburt, als das Wiener MuseumsQuartier, kurz MQ, vor zehn Jahren endlich als das eröffnet wurde, als was es bis heute geschätzt wird: Aus dem ehemaligen Messegelände wurde 2001 nach 18 Planungsjahren und zahlreichen Umstrukturierungen sowie dem aus Beschwerden und Medienhetzen resultierenden Fall des Leseturms ein Kultur- und Freizeitraum, der Hoch- und Lebenskultur verbindet und derzeit jährlich 3,6 Millionen Menschen anzieht. Auch als das MQ schon bestand, gab es immer wieder Streitigkeiten unter den Mietern. Umso geeinter präsentiert man sich zum Jubiläum: 200 Veranstaltungen haben die MQ-Institutionen gemeinsam mit Projektpartnern vorbereitet, um zu feiern und zu dokumentieren, dass man den hier und da drückenden Kinderschuhen nun endlich entwachsen ist.

Der Mann, der alles diplomatisch zusammenzuhalten versuchte, der langjährige Geschäftsführer Wolfgang Waldner, hat das MQ wohl auf dem Höhepunkt der dort möglichen Karriere in Richtung Außenpolitik verlassen. Zuvor meinte er noch, man wolle mit den Veranstaltungen "dem Rechnung tragen, dass das MQ ein international anerkannter großer Kulturcluster geworden ist“. Im Gespräch mit der FURCHE sagte er kurz vor seinem Abgang, "dass das MuseumsQuartier sich viel weiter entwickelt hat, als man vor zehn Jahren hätte träumen mögen. Zusätzlich zu den Institutionen gibt es den künstlerischen Schaffensraum im quartier21. Und die dritte und augenscheinlichste Dimension, der Lebensraum im MQ, der so stark frequentiert wird, war vor zehn Jahren überhaupt nicht geplant. Dass man all dies in Einklang gebracht hat, ist der eigentliche Erfolg. Dass wir aber nicht nur Freizeitoase sind, sondern Kultur in allen Facetten bieten, das wollen wir zum Jubiläum anhand all dieser Veranstaltungen zeigen.“

Reibungs-Projekte

Bereits in den vergangenen Tagen hat der lautstarke und sichtbare Auftakt stattgefunden, lautstark beispielsweise mit Konzerten und einer Musiktheateraufführung der Konservatorium Wien Privatuniversität, sichtbar mit einer Cartoonausstellung, einem Haus voll Hängematten und großen aufblasbaren Skulpturen vor dem MQ, darunter ein überdimensionaler Boxhandschuh. Diese Skulpturen-Reihe wird im Juni und September mit Werken von Erwin Wurm, Jakob Gasteiger und anderen fortgesetzt und pikanterweise von Edelbert Köb kuratiert, der als langjähriger MUMOK-Direktor wiederholt Installationen im öffentlichen Raum des MQs angestrebt hatte. "Dass wir keinen Skulpturenpark hatten und kein dynamisches innerstädtisches Projekt machen konnten, führt dazu, dass ich einen riesigen Projektfriedhof habe“, so Köb bei der Pressekonferenz, bei der er mit Kunsthalle-Direktor Gerald Matt trotz so viel zur Schau getragener Einigkeit zu diskutieren begann. Matt selbst, zum Zeitpunkt der Präsentation noch nicht mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert, nahm die Tatsache, dass das Leben im MQ "nicht konfliktfrei war“, gleich zum Ausgangspunkt für seinen Beitrag zu den Feiern. Basierend auf seiner Überzeugung, dass "Reibungen, die es hier immer gegeben hat, gut sind, da daraus etwas Gutes entsteht“, hat Matt für den Jubiläumssommer einen Beschwerdechor zusammengestellt, der am 18. Juni per Internet gesammelte Aufregung präsentieren wird. "Wir haben Grund zum Feiern, aber nicht in stiller Selbstgefälligkeit. Unsere ganze Stadt neigt zum Jammern, hier findet sie ihr Ventil.“

Ein mit dem MQ als Lebensraum spielendes Kunstprojekt wird vom Tanzquartier Wien in den Hof gebracht. Am 25. Mai wird Hubert Lepka mit 180 Beteiligten, darunter Musiker, Tänzer, aber auch mit Kran, Gabelstapler und Enzos (den Möbeln des MQs) eine Art Ballett formen. "Diese Performance spielt mit der Nutzung des Areals als zweites Wohnzimmer“, sagt Tanzquartier-Dramaturgin Sandra Noeth. "Wir haben uns gefragt, warum noch nie jemand mit dem Hereintragen der beliebten Möbel Enzis und Enzos choreografisch gearbeitet hat“, so Tanzquartier-Intendant Walter Heun. "Unser Beitrag zum Jubiläum ist somit auch ein Zeichen dafür, was wir im Tanzquartier wollen: das Choreografische in viele Ebenen übersetzen.“

Auf eben jenen Enzos und Enzis, den Originalmöbeln, die nach der aktuellen Interimschefin und bisherigen Marketing-Leiterin des MQs, Daniela Enzi, benannt sind, sitzend, kann man ab 10. Juni auch untertags Open-air-Kultur genießen. Andres Bosshard hat einen Klanghimmel für das MQ kreiert, der synchron zu Windbewegungen Geflüster und Klangformationen hören macht.

Europa-Schwerpunkt

Den wahren Jubiläumstag begeht man am 30. Juni mit Konzerten des tschechischen Duos DVA, der polnischen Band Miloopa und der rumänisch-deutschen Sängerin Miss Platnum. Bereits kurz davor widmet sich die "Lange Nacht der Europäischen Musik“ Projekten aus 25 Ländern, darunter neuen Werken aus Slowenien, Finnland und Österreich, die im Zuge des Abends erstmals zur Aufführung kommen. Dem Schwerpunkt Europa ist es auch zu verdanken, dass zum Auftakt des alljährlichen Literaturfestivals im Hof des MQ, O-Töne, der ungarische Autor Péter Esterházy zu Besuch kommt. Bis 25. August lesen, wie gewohnt, namhafte heimische Autoren aus ihren neuesten Werken. Auch das ImPulsTanz-Festival wird einmal mehr und bereits zum vierten Mal im Hof des MQ eröffnet, Bollywood ist heuer der Fokus.

Während sich die meisten Veranstaltungen im Freien auf den Sommer konzentrieren, wird im Herbst drinnen munter weitergefeiert. Das MUMOK begeht sein Jubiläum mit der Neueröffnung nach einem Umbau und der ersten Ausstellung der neuen Direktorin Karola Kraus, die in einem "Museum der Wünsche“ auf Lücken der Sammlung hinweist. Das Leopold Museum erweist ab Ende September dem wichtigsten Künstler der Sammlung, Egon Schiele, und somit gleichsam seinem Entdecker und dem Gründer des Hauses, Rudolf Leopold, die Ehre. Mehr als 200 Veranstaltungen sollen somit zehn Jahre nach der Eröffnung beweisen, dass es das MQ trotz aller Unkenrufe gebraucht hat und dass dieses einen wesentlichen, vielseitigen Beitrag zum kulturellen Leben Wiens bereitstellt.

Von Mode über Konzerte bis zu Film und Tanz

Das Jubiläumsprogramm des MuseumsQuartiers ist so vielfältig wie seine Institutionen und Kooperationspartner, so mannigfaltig wie das Angebot, das in Wiens 60.000 Quadratmeter großem Kulturcluster auch ohne geburtstagsbedingtem Feiern seit zehn Jahren geboten wird. Im folgenden eine Auswahl:

• 20. 5.-5. 9.: Get in the Haze - Modeausstellung im quartier21

• 25. 5.: Hubert Lepka: Sofamaschine, Haupthof

• 7. 6.: Wir sind Wien. Festival der Bezirke 2011

• 18. 6.: Beschwerdechor

• 20. 6.: Voreröffnung O-Töne Literaturfestival

• 21. 6.-31. 7.: Sandskulpturen

• 21. 6.: Lange Nacht der Europäischen Musik

• 30. 6.: MQ Open Air

• 7. 7.-25. 8.: O-Töne

• 8. 7.-27. 8.: frame(o)ut Filmfestival

• 13. 7.: ImPulsTanz im MQ

• 9. 9.: Neueröffnung MUMOK

• 23. 9.-30. 1. 2012: Egon Schiele: Melancholie und Provokation im Leopold Museum

(tst)

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