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Lars-Ole Walburg inszeniert Arno Geigers Familienroman "Es geht uns gut" bei den Wiener Festwochen.

Das Thema in Arno Geigers 2005 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Erfolgsroman ist die Zeit. Genauer: das schier unmerkliche Verrinnen der Zeit. Wie die Zeit vergeht, bemerkt nur, wer sich erinnert. Als der antriebsschwache, ziemlich erfolglose Jungschriftsteller Philipp von seiner Großmutter die Villa erbt, wird er, der wenig Wert auf die Beschäftigung mit der Familienvergangenheit legt, dazu genötigt, weil "die Toten uns überdauern" in dem, was sie uns hinterlassen. In 21 Kapiteln rollt Geiger beiläufige Geschehnisse aus dem Alltag der Familienmitglieder auf und entwirft so ein Panorama Österreichs von 1938 bis 2001.

Der Regisseur Lars-Ole Walburg hat zusammen mit dem Linzer Dramatiker Andreas Jungwirth Geigers Österreich- und Familienroman für die Bühne adaptiert, wobei viel von der ostentativen Beiläufigkeit von Geigers Erzählduktus verloren geht. Dennoch blendet Walburg kunstvoll die verschiedenen Lebenswirklichkeiten, Alltagskonflikte und persönlichen Verfehlungen von drei Generationen in- und übereinander. So entsteht eine schillernde Chronik selbst zusammengebauter Lebensentwürfe mit ihren kleineren und größeren Lebenslügen, Enttäuschungen und Katastrophen.

Weder für die Großmutter Alma (Silvia Fenz), die für die Familie alles aufgegeben hat, mit Richard (Florentin Groll), dem Minister a. D. und virilen Schürzenjäger, noch für ihre Tochter, die Ärztin Ingrid (die fabelhafte Katja Jung) mit dem schwächlichen Spielerfinder und ungeliebten Schwiegersohn Peter (Thomas Reisinger), hat es das große Glück gegeben. Und auch für Philipp wird es das Glück mit der verheirateten, aber unsteten Johanna (Nicola Kirsch) kaum geben. Denn über alles, so scheint es, legt sich unweigerlich der müde Grauschleier des Alltags.

"Das Leben besteht aus Kompromissen", sinniert Ingrid zu Silvester 1970, und gute Vorsätze seien nur Opium für die Unglücklichen. Trotzdem versucht es Philipp noch einmal und plant, die zwei Arbeiter, die er zum Entrümpeln der Villa beschäftigt hat, in die Ukraine zu begleiten. "Oder? Johanna?" - "Ja sicher, mein Lieber: einen Reisenden soll man nicht aufhalten."

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