Queen AND Philip - © Foto: dpa

Die Faszination von Krone und Adel

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Das Vereinigte Königreich und Europas Hochadel stehen vor einer Jahrhundert-Hochzeit. Wenige Staaten sind noch Monarchien, Popstars ersetzen den Adel als Projektionsfläche.

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Das Vereinigte Königreich und Europas Hochadel stehen vor einer Jahrhundert-Hochzeit. Wenige Staaten sind noch Monarchien, Popstars ersetzen den Adel als Projektionsfläche.

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Wenn sich William Mountbatten-Windsor, Prinz von Großbritannien, und Kate Middleton, Tochter eines Piloten und einer Stewardess, am 29. April das Jawort geben, dann steht die Medienwelt Kopf. Der als Traumhochzeit gefeierte Akt in der altehrwürdigen Westminster Abbey zu London wird das TV-Ereignis des Jahres, nicht nur im Vereinigten Königreich. Der ORF und sechs deutsche Fernsehsender übertragen live. Schon jetzt vergeht kein Tag, an dem nicht über die bevorstehende Hochzeit und die britische Königsfamilie berichtet wird. Seit dem Tod von Prinzessin Diana vor 14 Jahren wurde um das Geschlecht derer von Mountbatten-Windsor nicht mehr so viel Aufsehen gemacht wie jetzt.

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Der Rummel um die bevorstehende Hochzeit des britischen Thronfolgers ist nur ein Teil des Regenbogens. Königshäuser und Adelsgeschlechter haben nach wie vor Stammplätze in den Klatschspalten. Bilder der schwedischen Königin Silvia auf Krücken, Spekulationen über eine mögliche Magersucht der spanischen Prinzessin Letizia, der Übertritt der Verlobten von Fürst Albert von Monaco zum Katholizismus - in Zeitschriften wie der Neuen Post, der Freizeit Revue oder Gala sind das Top-Themen, die mit Ernsthaftigkeit abgehandelt werden.

Die Monarchien in der EU

In einem Land wie Großbritannien, wo die Königin - zumindest auf dem Papier - über gar nicht so wenige Befugnisse und der Adel über einen Rest politischer Macht verfügt, ist die Obsession der Bürger für die Noblesse ja durchaus verständlich. Anderswo in Europa sind die einstigen Vorrechte des Adels längst aufgehoben, aber in ein paar Ländern haben sich Monarchen als Staatsoberhäupter gehalten. Sieben EU-Staaten sind konstitutionelle Monarchien: die Königreiche Belgien, Dänemark, Großbritannien, Niederlande, Schweden, Spanien und das Großherzogtum Luxemburg. Außerhalb der EU wären noch Norwegen sowie die Fürstentümer Andorra und Monaco zu nennen.

Aber auch dort, wo die Aristokratie jede politische Bedeutung verloren hat, ist die Faszination für blaues Blut ungebrochen. In Deutschland blüht der Handel mit Adelstiteln. Für teures Geld kann man sich von einem Adeligen adoptieren lassen oder eine Scheinheirat eingehen, um an den begehrten Titel zu kommen. Der Kostenaufwand bewegt sich im fünf- bis sechsstelligen Euro-Bereich. Es geht auch billiger: Um 39,99 Euro wird man zum "Lord of Cork“: Durch den Kauf eines Fleckchens Erde in Irland erwirbt man angeblich auch das Recht, einen solchen Titel zu tragen. Über das Internet-Auktionshaus eBay lassen sich Fantasieadelstitel erstehen, wobei es sich rechtlich um Künstlernamen handelt.

Die Titel sind weg, neue Doppelnamen da

In Österreich sind derartige Fisimatenten nicht möglich, denn hiesigen Staatsbürgern ist die Führung von adeligen Bezeichnungen, Titeln und Würden verboten und steht unter Strafe. 1919 wurde mit dem Adelsaufhebungsgesetz der Adel abgeschafft - ein Gesetz, das Wirkung gezeigt hat.

Natürlich haben sich die Adeligen durch dieses Gesetz nicht in Luft aufgelöst. Es gibt sie weiter, diese Art diskreter Parallelgesellschaft, die nach eigenen Regeln lebt. Unter Diplomaten und Offizieren sind Aristokraten nach wie vor überproportional vertreten, auch die Welt der Wirtschaft ist ihr Parkett. Aber die Blaublüter sind aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwunden, was den meisten von ihnen wohl nicht so unrecht ist. Die Träger bekannter Namen wie Habsburg-Lothringen oder Schwarzenberg bleiben als Angehörige des Hochadels identifizierbar. Am Land kennt noch jeder Einwohner den ortsansässigen Grafen - aber ob vor dem Namen eines Gegenübers einst "Freiherr“, "Ritter“ oder "Edler“ geschrieben stand, ist im alltäglichen gesellschaftlichen Leben nicht sichtbar. Seit zudem stets mehr Eheleute den Familiennamen ihres Partners dem eigenen hinzufügen, sind die einst für Adelige typischen Doppelnamen kein Erkennungsmerkmal mehr.

Warum Herrscher und Adel interessieren? Jedes Kind ist mit Figuren dieser Welt aufgewachsen. Mit Adel werden Stil und Reichtum, gelingendes Leben verbunden. Die Fehler wirken dann entlastend.

Das hat dazu geführt, dass die vom Adel begeisterten Österreicher ihre Aufmerksamkeit auf die Aristokraten anderer Länder richten. Die durchschnittliche Neue Post-Leserin ist über den monegassischen Fürstenhof und den deutschen Kleinadel wesentlich besser informiert als über den zwangsläufig verborgen bleibenden österreichischen Adel. Bleibt die Frage: Warum üben Herrscherhäuser und Adelsgeschlechter nach wie vor eine so große Faszination aus?

Zum einen ist wohl eine Art Prägung während der Kindheit dafür verantwortlich. Könige, Grafen und Ritter sowie entsprechende Damen dazu sind Figuren aus Märchen oder Walt-Disney-Filmen, mit denen so gut wie jedes Kind aufwächst. Zum anderen werden mit dem Adelsstand ein verfeinerter Lebensstil, Reichtum und ein Leben auf Schlössern, kurzum ein gelingendes Leben assoziiert. So dient der Adel als Projektionsfläche, aber auch für Negatives. Dass selbst Könige und Fürsten ihre Probleme und Problemchen haben, spendet Trost gegen die Unbill des eigenen Lebens. Wenn der König von Schweden fremdgeht, scheinen Seitensprünge leichter verständlich zu sein. Wenn Ernst August von Hannover wegen Körperverletzung verurteilt wird, lässt dies vielleicht Gewalt im Umfeld als nicht so außergewöhnlich, also erträglicher erscheinen. Die Eskapaden von Prinz Harry - der jüngere Bruder von Prinz William gilt als Schluckspecht und erschien zu einer Faschingsparty in Nazi-Uniform - trösten darüber hinweg, dass viele Kinder nur Unsinn im Sinn haben.

Popstars lösen Adel ab

Es ist möglich und wahrscheinlich, dass der Glanz des Adels - zumindest in unseren Breiten - zu verblassen beginnt. Die Leserschaft der Klatschblätter ist von hohem Durchschnittsalter geprägt. Bei den Jüngeren hingegen haben die Popstars sowie jene aus Film und Fernsehshows längst die Aristokraten als Projektionsflächen abgelöst. Sie leben, lieben und leiden öffentlich - wohl auch, um im Gespräch und damit im Geschäft zu bleiben. Die Jugend interessiert das neue Kostüm von Lady Gaga mehr als die Krücken von Königin Silvia. Ein Indiz für schwindende Attraktivität des Adels ist das Ende der Graf-Bobby-Witze. Die Figur des leicht vertrottelten Adeligen, ein Nachhall aus der k. u. k. Monarchie, erfreute sich bis in die 1970er Jahre größter Popularität. Heute werden diese Witze bestenfalls im Seniorenheim erzählt: "Was läuft heute im Fernsehen?“ "Das Fußballspiel Österreich-Ungarn, Herr Graf.“ "Famos! Gegen wen spielen wir denn?“ Welcher unter 30-Jährige versteht heute noch diesen Scherz?

Die Royals und die diversen Lords und Earls auf der Insel hingegen sind nach wie vor willkommene Opfer des berühmten britischen Humors: "Hast Du schon gehört? Prinz William hat seine Verlobung mit Kate Middleton gelöst.“ "Der arme Prinz Harry. Er hatte schon seine SS-Uniform gebügelt.“

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