Die Folgen des Wiki-Lecks

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Die Veröffentlichung von brisanten Depeschen aus US-Botschaften zieht weltweite Kreise - hier ein Ausschnitt der internationalen Kommentare.

* Änderung diplomatischer Kommunikation

Es ist ganz klar die Aufgabe der Regierungen, nicht der Journalisten, öffentliche Geheimnisse zu wahren. Wäre ihre Enthüllung eine übergreifende Gefahr, wäre vielleicht größere Zurückhaltung angebracht. Was aus dieser Geschichte folgen sollte, ist die Änderung der Grundlage diplomatischer Kommunikation. Wenn sich WikiLeaks wie auch immer Zugriff auf das das Material verschaffen kann, dann kann es vermutlich auch ein fremder Staat.

* The Guardian, London

* Zwischen Geheimhaltung und Öffentlichkeit

Fünf Zeitungen bekommen einen riesigen und als geheim deklarierten Datenwust zugespielt und müssen zeigen, wie sie damit umgehen. Es ist lehrreich und auch amüsant, zu verfolgen, wie der Spiegel die Weltdiplomatie vor allem als Unterhaltungsstück zu deutschen PolitikerInnen aufbereitet, also gezielt entpolitisiert, hingegen der Guardian zurückgelehnt das politisch Brisante herausstellt. Natürlich warnen Mahner jetzt vor der Überinformation der Leser. Der Weltfriede sei in Gefahr. Daran dürfte zwar nicht der Leser schuld sein, aber so einfach lässt sich das Argument nicht wegwischen. Öffentlichkeit ist ein hohes Gut und sie kann eine Waffe sein.

* taz, Berlin

* Eine Frage der Legitimation

Selbstverständlich stellt sich die Frage der demokratischen Kontrolle von WikiLeaks. Muss man, da diese Dokumente dem amerikanischen Außenministerium auf illegale Weise entwendet wurden, den Handel mit Hehlerware gutheißen? Und wer möchte als private Organisation, ob nun bei WikiLeaks oder in einer der gerne behilflichen Zeitungsredaktionen, die politische Verantwortung für die möglicherweise lebensbedrohlichen Folgen der großen Enthüllung übernehmen?

* Frankfurter Rundschau

* Gefährdung amerikanischer Glaubwürdigkeit

WikiLeaks hat innerhalb eines Tages mehr erreicht als alle radikal linken und pazifistischen oder einfach systemfeindlichen amerikanischen Organisationen zusammen in den vergangenen 50 Jahren. Diese in der Geschichte einzigartige Enthüllung aus mehr als 200 amerikanischen Notschaften auf der ganzen Welt wird die Glaubwürdigkeit dieses Landes gefährden und seine Stellung schwächen. Die US-Diplomatie wurde kompromittiert.

* Gazeta Wyborcza, Warschau

* Schützt die Diplomatie!

Gerade die Diplomatie ist eine Sphäre, wo der Staat ein legitimes Interesse daran hat, nicht alles im Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit ausbreiten zu müssen. Die Zentrale der amerikanischen Diplomatie ist darauf angewiesen, dass sie von ihren Aussenstellen solche ungeschminkten Analysen erhält. Erfolgreiche Diplomatie beruht auf Vertrauen. Wenn nun bekannt wird, dass arabische Staatschefs am Golf die USA zu einer Militäraktion gegen Iran aufgefordert haben, so ist das zwar alles andere als eine Überraschung. Aber das Leck schadet der amerikanischen Diplomatie, weil es zeigt, dass man in Washington offensichtlich kein Geheimnis zu hüten weiss.

* Neue Zürcher Zeitung

* Transparenz ade - wäre zu schön gewesen

Dass WikiLeaks Material veröffentlicht, ist im Sinne der Aufklärung einer breiten Öffentlichkeit über das, was die demokratisch gewählte Regierung der USA in der Außenpolitik so treibt. WikiLeaks ist in dieser Konstellation weder Heilsbringer noch Bösewicht. Regierungen müssen sich gegen solche Fälle mutwilligen Datenklaus schützen, damit vertrauliche Kommunikation möglich bleibt. Das wird die Transparenz der elektronischen Vernetzung erhofft hatten. Es wäre ja auch zu schön gewesen.

* Financial Times Deutschland, Frankfurt

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